Kribbeln die Finger, so ist häufig ein eingeklemmter Nerv im Handgelenk Ursache der Beschwerden. „Meist führen Verletzungen oder Brüche zu einer Nerveneinengung des Medianusnerves. Dieser verläuft im Bereich der Handwurzelknochen in einer Art Rinne, dem engen Karpaltunnel“, erklärt Privatdozent Dr. Bastian Marquaß, leitender Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie der Gelenkklinik Gundelfingen. Aber auch Rheuma, Diabetes, Gewichtszunahme oder etwa schwere körperliche Arbeit können ein Karpaltunnelsyndrom auslösen.
Neben Kribbeln und anderen Gefühlsstörungen sind Schmerzen und sogar Lähmungen im Bereich des Daumens sowie des Zeige- und Mittelfingers typische Symptome der Erkrankung. Schätzungsweise ca. sechs Millionen Menschen leiden hierzulande darunter – Frauen doppelt so häufig wie Männer. Grund dafür sind hormonelle Umstellungen: „Erhöht sich der Druck auf den Nerven, beispielsweise durch vermehrte Flüssigkeitseinlagerung bei Hormonveränderungen in der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren, so kann es zu Ausfallerscheinungen dieses Nerven und Bewegungseinschränkungen an der Handinnenseite kommen“, berichtet Dr. Marquaß.
Verschwinden die Beschwerden nicht von alleine, sollte der Facharzt konsultiert werden. Denn „unbehandelt kann es Jahre später zum Muskelschwund im Daumenballen kommen.“ Hilfreich sind Stützverbände und Schienen (Orthesen), die über dem Handgelenk getragen werden. „Sinnvoll ist es zudem, das Bindegewebe durch manuelle Therapien, wie etwa eine zellbiologische Regulationstherapie, zu mobilisieren“, erklärt der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Unterstützend helfen Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente.
Kurzfristig lindern oft Kortison-Tabletten oder -Spritzen an den Karpaltunnel die Beschwerden. Lassen sich die Beschwerden nicht mit konservativer Therapie verbessern und bestätigt eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit die Diagnose, sollte operiert werden. Dabei wird der Karpaltunnel gespalten, der Nerv hat wieder Platz, die Beschwerden verschwinden.
Was hilft bei einem „Mausarm“?
In vielen Fällen werden kribbelnde Finger auch durch das RSI („Repetitive Strain Injury“)-Syndrom verursacht – besser bekannt als sogenannter „Mausarm“. Auch langdauernde stechende oder ziehende Schmerzen im Ellenbogen oder Sensibilitätsstörungen in den Handgelenken weisen auf dieses Beschwerdebild hin. Betroffen sind sehr oft alle, die viel an Tastatur und Computermaus arbeiten, leidenschaftliche Computerspieler und andere Dauer-Tipper: Mit kleinen, schnellen Bewegungen steuern sie täglich stundenlang ihren Cursor und riskieren dadurch Entzündungen in Sehnen und Muskeln von Oberarm, Schulter und Nacken.
Was hilft? Verbesserte Arbeitsbedingungen sind Basis einer erfolgreichen Mausarm-Behandlung – und beste Präventivmaßnahme. Bewährt haben sich neben ergonomischen Tastaturen, „aufrechte“ Mäuse und Joysticks. „Bei diesen vertikalen Geräten werden andere Muskeln aktiviert als bei der konventionellen Maus, was die natürliche Haltung der Hand fördert“, betont Dr. Marquaß. Doch selbst bei schonendem Einsatz empfehlen sich regelmäßige Pausen, am besten mit Dehnungsübung: Die Finger werden dabei weit ausgestreckt und dann zu einer Faust geballt. Dann die Faust nach unten und wieder nach oben beugen und anschließend die Finger strecken.
Physiotherapie und physikalische Medizin sind etablierte Behandlungsmethoden. Auch manuelle Verfahren wie die Zellbiologische Regulationstherapie können helfen. „Das Ziel ist die biomechanische Reinigung der Zellumgebung in schmerzhaften oder entzündlich veränderten Geweben“, erläutert Dr. Marquaß. Mit einem Schwingungsapplikator behandelt der Physiotherapeut zunächst die Schulter-Nacken-Muskulatur. Dadurch soll als erstes der venöse und lymphatische Abfluss aus dem schmerzhaften Arm aktiviert werden. Anschließend wird der Oberarm, dann der Unterarm und die Hand in die Therapie mit einbezogen. Tiefenwärme mit wassergefiltertem Infrarot-A sowie Basen-Wickel, Basen-Bäder usw. ergänzen die Therapie.
Fingerkribbeln durch Polyarthrose
In manchen Fällen steckt hinter dem Kribbeln und den Taubheitsgefühlen in den Fingern auch das Skalenussyndrom. Eine Verengung der Skalenuslücke (ein Muskeltunnel im Bereich der Schultern) führt in diesem Fall zur Kompression des Armnervengeflechts. Es kommt zu schmerzhaften Durchblutungsstörungen. Aber auch eine Polyneuropathie (Erkrankung des peripheren Nervensystems) oder etwa eine Polyarthrose (mehrfacher Gelenkverschleiß) können Ursachen des Fingerkribbelns sein. Klärung bringt letztendlich nur die Konsultation des Orthopäden.
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