Robert Habeck bevorzugt die blumige Bildersprache. So sagte er über den drohenden Energie-Engpass in Deutschland: Es sei „eine Art Armdrücken“, bei dem Kremlchef Wladimir Putin zunächst den längeren Arm habe. „Aber das heißt nicht, dass wir nicht durch Kraftanstrengung den stärkeren Arm bekommen könnten.“ Nun ja, ein kurioses Bild, weil der Gashebel, den Putin nun als Waffe einsetzt, tatsächlich der längere ist. Was halt an dem Bild völlig schief geraten ist, ist die fast schon sportliche Verharmlosung der Sachlage. Wenn nämlich zwei ein Armdrücken machen, sind sie sich zumindest über die Regeln des Wettbewerbs einig. Das passt zu dem grausamen Krieg nicht, in dem täglich viele Menschen sterben und der in der Ukraine verheerende Verwüstungen anrichtet. Aber so ist es mit Robert Habeck: Er kommt gut an, selbst wenn er wieder Kohlekraftwerke hochfahren will.
Das hat aber nicht nur mit seiner Art der Kommunikation zu tun. Es ist eher so, dass Habeck durch überlegtes Handeln überzeugt. Wegen der angespannten Lage auf den Gasmärkten hat die Bundesregierung, genauer: das Ministerium von Wirtschaftsminister Habeck, am 23. Juni die zweite Eskalationsstufe im „Notfallplan Gas“ ausgerufen.
Wie vermittelt Habeck die Gaskrise? Zunächst einmal stellt er die Krise nüchtern als solche fest: „Wir sind in einer Gaskrise. Gas ist von nun an ein knappes Gut. Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen.“
Habeck betont den Ernst der Lage, ohne dabei Panik zu schüren. Er fordert unaufgeregt aber bestimmt dazu auf, den Gasverbrauch möglichst weiter zu reduzieren. Dabei appelliert an alle Verbraucher – sowohl in der Industrie, in öffentlichen Einrichtungen wie in den Privathaushalten. Er spricht von einer „trügerischen Sicherheit“ im Sommer. „Aber der Winter wird ja kommen. Wir müssen also jetzt die Vorsorge treffen, um im Winter vorbereitet zu sein.“
Zweitens leitet Habeck die Gaskrise überzeugend her. Unmittelbar geht diese natürlich auf die Gasdrosselung vonseiten Russlands zurück. „Die Drosselung der Gaslieferungen ist ein ökonomischer Angriff auf uns“, sagt Habeck. Die Strategie von Russlands Präsident Wladimir Putin sei es, Unsicherheit zu schüren, die Preise hoch zu treiben und zu spalten. Dies dürfe nicht gelingen. Oberste Priorität sei es nun, die Gasspeicher zu füllen. Alternative Anbieter würden gesucht und erneuerbare Energien ausgebaut. Aber es müsse mehr Gas eingespart werden. „Wir sind gehalten, die Gasverbräuche jetzt zu reduzieren, um für den Winter vorbereitet zu sein“, so der Wirtschaftsminister.
Habeck verweist aber auch darauf, dass der ökonomische Angriff Putins auch durch selbst verschuldete Abhängigkeiten Deutschlands möglich wurde. „Es sind die Versäumnisse der letzten Dekade, die uns jetzt in diese Bedrängnisse geführt haben“, sagt Habeck. Man stünde deutlich besser da, wenn man in den vergangenen Jahren bei der Energieeffizienz und beim Ausbau der erneuerbaren Energien wirklich vorangekommen wäre.
Durch das Ausrufen der „Alarmstufe“ des Notfallplans können nun mehr Kohlekraftwerke ans Netz gehen, um damit Erdgas für die Stromproduktion zu sparen. Ein grüner Superminister, der die Kohle zu Hilfe holt? Das sei „bitter, aber notwendig“, sagt Habeck dazu. Und verspricht, dass man das später wieder aufholen könne, mit noch mehr Tempo bei den erneuerbaren Energien. Aber na ja, das Klima kennt das schon lange, auf „später“ vertröstet zu werden. Was Habeck derzeit vollzieht ist eine Art Wandlung durch Handlung.
Insgesamt schafft es Habeck bei seiner Vermittlung der Krise, die „Zeitenwende“ auch auf den Energiesektor zu übertragen. Er zeigt zwar Verständnis für die „Selbstvergessenheit“ der Menschen, jetzt im Sommer, nach zwei harten Jahren der Corona-Pandemie. Genau dadurch erreicht er aber, dass auch selbstvergessene Leute aufhorchen. Habeck versucht also, Deutschland im Kampf gegen die Gaskrise hinter sich zu vereinen. Man könnte auch sagen: Er probt schon mal seine Berufung zum Bundeskanzler.