Vielleicht Gegenwehr?

Donald Trump hat seine Popularität einer TV-Serie zu verdanken, in der er den Reality-Star gab. Es scheint, dass er genau eine solche Rolle wieder und wieder spielt, um uns alle abzulenken.

Fotomontage: Adrian Kempf

Donald Trump hat endlich seine Berufung gefunden. Er ist ganz einfach und schon lange  ein begnadeter Schauspieler. Das geht auf die Anfänge seiner Popularität zurück (ohne die er ja nie Präsident der USA hätte werden können). Und diese Anfänge sahen so aus: Donald Trump inszenierte sich selbst auf Geheiß eines TV-Senders und nach dessen Drehbuch als eine Art Karikatur des Kapitalismus. Das machte ihn populär, und zwar als Reality-Star, dem viele vor der Glotze zusahen. Trump ist folglich nicht als Baulöwe oder Immobilienhai berühmt geworden (von denen es in den USA viele gibt), sonder als Reality-Star, der einen Baulöwen namens Donald Trump spielte. Noch heute erzählen die TV-Produzenten von damals, dass alles gestellt war, selbst die Räumlichkeiten des „Stars“, weil dessen tatsächlichen Räume miefig und langweilig waren. So liegt also der Verdacht nahe, dass Donald Trump nach seiner Wiederwahl zum US-Präsidenten auch jetzt eine Rolle spielt, die ihm vorgegeben ist – sei es von seinem narzisstischen Naturell oder eben auch durch Strategen im Hintergrund. Denn während Trump die Welt quasi stündlich in Aufruhr ersetzt – Grönland will er kaufen, den Panama-Kanal unter US-Befehlsgewalt stellen, und dann gar aus dem Gaza-Streifen unter amerikanischer Flagge eine „Riviera des nahen Ostens“ machen – pflügt im Hintergrund ein gewisser Elon Musk die amerikanischen Institutionen um. Wie früher der Schauwert der TV-Reality-Serie „The Apprentice“ in der theatralischen Demütigung anderer lag, so wiederholt Trump jetzt diese wohl auf ewig einstudierte Rolle, indem er  alle Welt vor den Kopf stößt. Das könnte aber ein Ablenkungsmanöver sein.

Denn im Hintergrund läuft ein Projekt an, das zwar an den berühmten Trump-Satz: „Sie sind gefeuert“ aus der Reality-Serie anknüpft,aber derzeit für Millionen Regierungsbeamte in den USA eine bittere Wahrheit ist. Trumps Verbündeter Elon Musk, ausgestattet mit einem nebulösen Mandat als „besonderer Regierungsmitarbeiter“, lässt derweil nämlich seine Männer in einzelne Bundesbehörden ausschwärmen. Dort verschaffen sie sich Zugriff auf sensible Datenbanken und Zahlungssysteme, unter anderem das zentrale Überweisungssystem des Finanzministeriums. Sie stoppen Programme und Fördermittel und drängen Angestellte zur Kündigung. Führende Beamte, die sich ihnen entgegenstellten, wurden von Trump oder dessen Ministern direkt in den Ruhestand versetzt. 

Die Politik der Disruption, für die die Namen Donald Trump und Elon Musk stehen oder auch Argentiniens Kettensägen-Präsident Javier Milei, ist eigentlich ein Wesensmerkmal von Diktaturen und totalitären Systemen. Die ersten Auswirkungen dieser Politik sind in den USA schon nach wenigen Tagen zu sehen: Die Entwicklungshilfebehörde USAid ist de facto abgeschafft, das Bildungsministerium soll als Nächstes dran sein. Für beides bräuchte es die Zustimmung des Parlaments – was Musk und Trump einfach ignorieren. Offiziell geschieht das alles im Namen der „Regierungseffizienz“ – tatsächlich geht es um Kontrolle und Unterwerfung der demokratischen Institutionen. Um das, was der frühere Trump-Berater und rechtsextreme Stratege Steve Bannon schon vor Jahren die „Dekonstruktion des Verwaltungsstaats“ nannte. Bei Trump besteht die hauptsächliche Motivation aus Rachsucht (was er ja auch im Wahlkampf nie verhehlte) und daran angeknüpft aus Geschäftssinn, und zwar im Sinne des TV-Reality-Stars von früher: „Ich denke, das Potenzial des Gazastreifens ist unglaublich. Und ich denke, die ganze Welt, Vertreter aus aller Welt, werden dort sein und dort leben.“ 

Bei Elon Musk kommt noch ideologische Aufladung dazu, ein verschwörungslastiger Kampf um das „Schicksal der westlichen Zivilisation“ und gegen vermeintlich „woke“ Auswüchse des bürokratischen Apparats. Musk hat kein offizielles Mandat, Behörden radikal zusammenzustreichen und ihre Mitarbeiter nach Hause zu schicken. Sein „Department of Government Efficiency“ ist kein Ministerium, sondern soll nur so klingen. Musk wurde ja nicht vom Volk gewählt, sondern wird einfach vom Volkstribun Trump berufen, was natürlich auch etwas über den Zustand der Demokratie in Amerika aussagt, wo eben genau dieser Trump gewählt wurde. Quasi in Echtzeit kann man also betrachten, wie die demokratischen Institutionen nach und nach aufgelöst werden. Diese Rechtsbrüche geschehen nicht beiläufig oder gar versehentlich, sondern gezielt. Sie werden nicht still und heimlich begangen, sondern vor aller Augen, mit einer herausfordernden Offensichtlichkeit – vom US-Präsidenten und seinem Vertrauen, dem reichsten Mann der Welt. Noch weiß keiner, was darauf folgen wird. Vielleicht dann doch Gegenwehr?