Die Preise für Immobilien und für Grundstücke gehen seit Jahren steil nach oben. Dies gilt auch für Freiburg und die Region. Michael Zäh sprach mit Oliver Kamenisch, dem Geschäftsführer der Sparkassen-Immobilien-GmbH, der sich auf dem Markt bestens auskennt. Im Interview geht es um die große Nachfrage nach Ballungsräumen sowie um Fragen der Gerechtigkeit.
Herr Kamenisch, was macht Ihnen denn als Geschäftsführer der Sparkasse-Immobilien GmbH an Ihrem Job am meisten Spaß?
Oliver Kamenisch: Das ist die große Vielfalt an Tätigkeiten, die mir sehr gut gefällt. Es ist jeder Tag anders und es ist eigentlich alles dabei. Ich habe ja weiterhin Kundenkontakte, wenn es um Großkunden und Großprojekte geht. Das macht dann natürlich Spaß, solche Projekte abwickeln zu können. Aber ansonsten sind es zum Beispiel auch strategische Entscheidungen, das Team weiter zu entwickeln, und einfach auch Ideen voran zu treiben. Es geht darum, das Unternehmen zukunftssicher zu machen. Also zu überlegen, was machen wir in Zukunft vielleicht besser als die Konkurrenz, um sich da einen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten. Dazu muss man permanent den Markt beobachten, die Augen offen halten und Entscheidungen treffen, die das gesamte Unternehmen nach vorne tragen. Also diese Vielfalt an Aufgaben ist es, die mir Spaß macht.
Wieviele Leute arbeiten für das Unternehmen?
Oliver Kamenisch: Mit mir sind wir zusammen 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Welches Volumen setzt die Sparkasse-Immobilien GmbH im Jahr um?
Oliver Kamenisch: Im letzten Jahr 2021 haben wir 57, sogar fast 58 Millionen Euro Umsatz mit unseren Vermittlungen bewegt. Und wenn wir im Dezember 2021 einen weiteren Notartermin noch hingekriegt hätten, hätten wir ein Rekordergebnis gehabt der letzten fünf Jahre erzielt.
Das heißt also, dass das Unternehmen im Jahr 2021 bereits die Corona-Erschwernisse erfolgreich überwunden hat?
Oliver Kamenisch: Ja, das stimmt. Im Jahr 2020 hatten wir ein bisschen Probleme aufgrund der Corona-Pandemie und den entsprechenden Kontaktbeschränkungen. Da gab es auch den einen oder anderen Verkäufer, der erstmal abwarten wollte. Und Besichtigungstermine waren 2020 oft nicht so leicht zu arrangieren. Da war also schon eine gewisse Verunsicherung zu spüren, weil natürlich der persönliche Kontakt mit Kunden, sowohl Verkäufer wie Käufer einer Immobilie nicht zu ersetzen ist. Doch im Jahr 2021 war diese Verunsicherung dann gar nicht mehr zu spüren. Wir waren da wieder auf dem Niveau wie in den Jahren vor Corona. Und damit waren wir super zufrieden.
Die Preisentwicklung bei Immobilien ist enorm. Die Preise haben sich in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. Wo geht das noch hin?
Oliver Kamenisch: Ja, es stimmt, dass es eine enorme Preisentwicklung gegeben hat. Es ist unglaublich, wie sich allein in den letzten fünf Jahren die Grundstückspreise entwickelt haben. Da ging die Reise immer nur steil nach oben.
Woran liegt das denn eigentlich?
Oliver Kamenisch: Es ist die große Nachfrage nach Ballungszentren, den wir in den letzten Jahren beobachtet haben. Der Trend geht in die Großstädte, irgendwie fast schon eine Art Landflucht. Da sind dann Universitätsstädte wie Freiburg wahnsinnig beliebt. Generell auch für ältere Leute, die sagen, dass sie in der Stadt halt ihre Infrastruktur haben, vom Arzt bis zur sonstigen Versorgung. Das spielt da alles ein bisschen mit rein, zum Beispiel der Rückgang an Landärzten. Deshalb gibt es den Trend, entweder in mittelgroße Städte zu ziehen, wo man auch alle Einkaufsläden hat, oder andere wollen zum Beispiel von Bad Krozingen gleich nach Freiburg ziehen. Das ist aber nicht nur in Freiburg so, sondern auch in München, Karlsruhe oder Stuttgart.
Hat diese Entwicklung nicht auch mit dem Wohlstand zu tun? Wenn die Nachfrage die Preise nach oben treibt, muss es ja auch genügend Menschen geben, die in der Lage sind, die Preise zu bezahlen.
Oliver Kamenisch: Das stimmt, man fragt sich manchmal, wer kann die Grundstücke oder Immobilien denn noch kaufen? Da muss man schon ein gutes Polster mitbringen. Entweder man hat es sich selbst angespart – aber wie soll jetzt jemand, der sich im Alter von 30 oder 35 Jahren entscheidet, eine Doppelhaushälfte zu kaufen oder ein Einfamilienhaus zu bauen, einen solch hohen Kapitalstock schon aufgebaut haben? Das ist ganz schwierig.
Also geht die Schere hier weit auseinander und können nur bereits vermögende Leute sich die Preise noch leisten?
Oliver Kamenisch: Das kann schon in Richtung einer Zweiklassen-Gesellschaft gehen. Das kann bedeuten, dass nur Leute, die einen guten familiären Hintergrund mitbringen, noch mithalten können. Die haben vielleicht von der Oma oder den Eltern nochmal 100.000 Euro extra gekriegt und sind dann natürlich im Vorteil.
Es gibt also schon soziale Ungerechtigkeiten am Markt?
Oliver Kamenisch: Durch die Knappheit des Angebots ist es schon so, dass es zu Situationen kommen kann, in denen Kaufinteressenten gegeneinander bieten. Wenn dann einer nochmal 20.000 Euro auf den Preis drauflegt und der andere sagt, da kann ich einfach nicht mehr mitgehen, dann bekommt derjenige den Zuschlag, der mehr Reserven hatte.
Ist es dann im Umkehrschluss nicht auch so, dass die Immobilie den Preis vielleicht gar nicht wert ist, der für sie im Bieterwettbewerb bezahlt wird?
Oliver Kamenisch: Ich sage immer: Was der Markt bezahlt, das ist die Immobile wert. Man muss natürlich schon aufpassen, dass man wegen er momentanen Knappheit nicht einen dann doch überhöhten Preis bezahlt, wo sich vielleicht unwissende Interessenten gegenseitig hochbieten. Das muss man beobachten. Das ist ja ähnlich wie bei der Aktie. Man sollte nicht denken, dass es immer nur nach oben geht. Es kann irgendwann auch mal nach unten gehen mit den Preisen. Momentan haben wir eine ganz große Knappheit und eine sehr hohe Nachfrage. Das bestimmt den Preis.
Rechnen Sie damit, dass es bei den Immobilienpreisen wieder nach unten geht?
Oliver Kamenisch: Ich rechne mit einer Seitwärtsbewegung, also dass die Preise nicht weiter nach oben gehen, aber auch nicht nach unten. Im Moment kommt ja vieles zusammen, wie beispielsweise auch die Knappheit an Rohstoffen. Auf den Baustellen sind sogar die Farbeimer knapp. Überall ist es knapp, das erhöht dann natürlich auch die Baukosten für eine Immobilie. Und da stellt sich schon die Frage, ob man die Immobilie später auch zu dem Preis verkauft bekommt, den sie gekostet hat. Wenn später die Rohstoffpreise wieder nachlassen sollten, dann können Häuser gebaut werden, die dann weniger kosten als jene, die heute gebaut werden. Das sind alles Tendenzen, die man beobachten muss. Ich glaube aber nicht, dass dadurch die Preise fallen.
Stichwort Preise für Rohstoffe im Handwerk. Wie sieht es diesbezüglich mit der Sanierung älterer Bestandsimmobilien aus? Lohnt sich das langfristig noch?
Oliver Kamenisch: Also durchaus. Es ist ja nicht jedes ältere Haus so marode, dass man es gleich abreißen muss. Es gibt auch verschiedene Stile. Man kann nicht immer sagen, dass ein Neubau attraktiver ist. Man muss natürlich schon genau schauen, ob die Substanz noch gut ist und sich die Sanierung lohnt. Dabei spielen natürlich auch neue Auflagen eine Rolle, was beispielsweise Heizungsanlagen und Dämmung oder auch Solardächer angeht. Man muss immer genau gegenrechnen, ob sich die Sanierung dann noch lohnt. Man darf beispielsweise nicht vergessen, dass man oft viel Rückbau bezahlen muss, bevor man mit der Renovierung beginnen kann. Das kostet natürlich alles Geld.
Wie sehen Sie generell Entwicklungen, um in Freiburg eine Entspannung bezüglich Knappheit des Angebots und hoher Nachfrage zu bewerkstelligen – Neubaugebiete, Nachverdichtung, alternative Wohnformen?
Oliver Kamenisch: Bei uns in der Region ist das Entscheidende, dass der Stadtteil Dietenbach kommt, wo dann eben eine große Menge an Bauflächen vorhanden wären. Da heißt es als Kritik ja immer, dass das alles wieder Neubau wäre und Neubau teuer ist. Da möchte ich aber dagegen halten, dass auch sozialer Wohnungsbau dabei ist, jenseits der aktuellen Marktpreise. Aber vor allem ist es doch so, dass der Markt in Bewegung kommt. Wenn sich beispielsweise ein Bauherr entscheidet, dort einen – womöglich teuren – Neubau zu finanzieren, der gibt ja dann auch eine bisherige Wohnform wieder frei, wo er eben bisher lebte. Das zieht eine Kettenreaktion am Markt nach sich. Da verkauft vielleicht einer eine Wohnung, die schon 20 Jahre auf dem Buckel hat, um dann den Neubau in Dietenbach anzugehen. Das heißt, aus dem Neubaugebiet Dietenbach können Folgeangebote am Markt entstehen, die gar nicht den Bereich Neubau betreffen. Es gibt mit Sicherheit ein größeres Angebot am Markt, und da ist dann für jeden Geldbeutel etwas dabei.
Es gibt immer mehr ältere Menschen, die in der Stadt in teilweise für sie zu großen Wohnungen leben. Viele würde gerne in eine kleinere, moderne und altersgerechte Einheit umziehen, aber es findet sich keine. Wie kann man da helfen?
Oliver Kamenisch: Diesen Trend muss man schon beobachten. Denn die Personengruppe der 60+ wird aufgrund der demoskopischen Entwicklung immer größer. Da kommt oft der Wunsch nach Veränderung. Wir haben schon gemerkt, dass aus diesem Personenkreis manche ihre Wohnung verkaufen wollen, aber dann nichts für sich finden, wo sie dann idealerweise wohnen könnten. Da gibt es einen Engpass. Da genau die Leute zu finden, die das ergänzende Angebot machen, weil sie gerade als Familie die größere Wohnung suchen und die kleine, moderne dafür bieten können, also wie ein Tausch, das ist extrem schwierig, weil es große Zufälle sind, das sich das gerade im rechten Moment findet. Wir betreuen ja alle Altersgruppen und wir sprechen selbstverständlich mit älteren Leuten, denen die Wohnung und vielleicht auch der Garten zu groß geworden sind, was es denn da für Möglichkeiten gäbe.
Wenn jemand in diesem Falle seine Immobilie zu Geld machen will, aber keine andere Wohnung in Freiburg findet – was macht man dann?
Oliver Kamenisch: Da gibt es zum Beispiel auch die Möglichkeit, seine Wohnung zu verkaufen, aber danach als Mieter da drin zu bleiben.
Es gibt ja auch das sogenannte Leibrentenmodell. Wie geht das?
Oliver Kamenisch: Da ist es so, dass man ein Wohnrecht auf Lebenszeit bekommt. Außerdem eine monatliche Rente, die natürlich beim Preis, die der Käufer zahlt, hochgerechnet und quasi abgezogen wird. Da bekommt man als Verkäufer dann zum Beispiel nicht 500.000 Euro für den Verkauf, sondern nur 400.000 Euro, weil die Mieteinkünfte, die der neue Besitzer nicht bekommt und die Rente abgezinst werden.
Was sind hier die Vorteile für denjenigen, der seine Wohnung nach solchen Modellen verkauft?
Oliver Kamenisch: Der große Vorteil ist erstens, dass man sich ja nicht sofort eine neue Wohnung in Freiburg suchen muss, was ja derzeit extrem schwer ist, sondern weiterhin in Freiburg in seiner bisherigen Wohnung lebt. Gleichzeitig hat man durch den Verkauf aber sofort das Geld auf dem Konto, um möglicherweise nach einer neuen Immobilie zu schauen, die man kaufen will. Oder für ein Seniorenstift, wofür man auch flüssig sein muss. Oder man will sich damit auch andere Träume verwirklichen. Man kann in seiner bisherigen Wohnung als Mieter bleiben, kann aber auch jederzeit etwas anderes machen.
Was sind in diesen Modellen die Vorteile für den Käufer?
Oliver Kamenisch: Es gibt Käufer, die es nicht eilig haben. Die sagen vielleicht: Natürlich will ich da später selbst mal rein, aber das reicht auch noch in einigen Jahren. Der Käufer will sich jetzt schon das Eigentum sichern, das er erst später bewohnen will.
Eine große Rolle spielt dabei, dass bei diesen Modellen der Verkäufer nach außen gar keine Veränderung signalisiert. Man verkauft seine Immobilie, aber das weiß ja keiner. Man lebt ja noch dort, wo man schon lange angesehen ist. Und man muss zunächst keine neue Wohnung suchen. Wie sehen Sie das?
Oliver Kamenisch: Die Menschen wollen gerne das gewohnte Umfeld bewahren. Und man hat keinen Druck. Der Kapitalanleger, der darauf eingeht und die Zeit hat, solche Modelle zu realisieren, den findet man immer.
Und derjenige, der da wohnen bleiben kann, hat ja derzeit auch das hohe Gut, in Freiburg zu wohnen, solange er das will, was ja sonst extrem schwierig ist. Schließt sich da der Kreis zur Marktsituation?
Oliver Kamenisch: Eben genau. Das Gegenstück dazu ist ja, dass es schon Eigentümer gibt, die in einer für sie viel zu großen Wohnung leben, nachdem die Kinder aus dem Haus sind. Aber sie finden keine kleinere Wohnung, wegen der derzeitigen Knappheit. Und dann ist es oft auch so, dass die Immobilie abbezahlt ist, und dann kann man ja niemand zwingen, sein Eigentum zu verlassen, weil es vielleicht zu groß ist. Das Problem ist ja außerdem, dass man heute für eine viel kleinere Wohnung so viel bezahlen muss wie für die große Wohnung, die man besitzt, oder in der man zur Miete wohnt.
Wenn Sie jemand beraten müssten, im Moment eher zu kaufen oder zu mieten – ist ja beides teuer – was würden Sie sagen?
Oliver Kamenisch: Weder, noch. Es ist oft die Frage, was sich über 30 Jahre rechnet. Aber wenn ich jetzt ein Suchender wäre, hängt es auch davon ab, das für mich Passende zu finden. Möchte und brauche ich unbedingt einen Wohnraum mit drei Zimmern in Freiburg, dann darf es nicht die große Rolle spielen, ob ich diesen kaufen kann oder miete. Im Vordergrund steht ja, diesen Wohnraum zu haben.
Würden Sie persönlich in der momentanen Marktsituation eine Immobilie in Freiburg kaufen, oder eher nicht?
Oliver Kamenisch: Doch, durchaus. Man muss natürlich immer schon ein bisschen auf die Rendite schauen. Wenn ich zum Beispiel eine Kapitalanlage kaufe und derzeit eine hohe Miete einnehmen kann, muss ich mich natürlich fragen, ob ich diese Miete langfristig auch erhalte. Oder wäre eine andere Geldanlage vielleicht die bessere Alternative gewesen, etwa eine Fondanlage? Das ist eine persönliche Einschätzung: Der eine sagt, ich verteile mein Risiko eher in Aktien als Kapitalanlage, der andere setzt auf Immobilien.
Setzen nicht gerade heutzutage viele Anleger auf den Klassiker Immobilie??
Oliver Kamenisch: Wir haben zuletzt schon die Erfahrung gemacht, dass die großen Kapitalanleger die Mehrfamilienhäuser nicht mehr verkaufen. Man hat den Eindruck, dass diese eher dazu tendieren, die Immobilien zu halten, oder sogar noch etwas dazu zu kaufen. Natürlich kann es zu Verschiebungen im Portfolio kommen, mal mehr Gewerbeimmobilien, mal mehr oder weniger in Freiburg oder dem Umland, aber insgesamt ist das Signal so, dass derzeit nicht verkauft wird.
Sparkassen-Immobilien-Gesellschaft mbH
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