Können nur Kinder tun

Robert Habeck verheddert sich in Widersprüchen, wenn er in TV-Interviews zum Rücktritt des gesamten Parteivorstandes Stellung nimmt. Die Grünen wollen sich neu formieren.

Fotomontage: Andrian Kempf

Friedrich Merz  hänselte kürzlich in Münster beim NRW-Landesparteitag der CDU den Robert Habeck als „Kinderbuchautoren“. So ein Kinderbuchautor ist im Subtext des Gesagten einer, der die Komplexität der Welt nicht begreifen kann. Denn verstünde er sie, schriebe er ja keine Kinder- sondern Erwachsenenbücher und würde als Erwachsenenpolitiker erwachsene (Merz-)Politik machen und nicht mit vermeintlichem Kinderkram wie Klimaschutz als Kanzlerkandidat der Grünen antreten. Es kann allerdings sein, dass diese Hänselei von Merz selbst eine sehr kindische Eselei ist. Denn der Robert Habeck ist gerade dabei, seine Partei auf sich zuzuschneiden, um eben dem Merz gehörig Stimmen bei der Bundestagswahl 2025 abzujagen.  

„Das Wahlergebnis in Brandenburg ist das Zeugnis der tiefsten Krise dieser, unserer Partei seit einer Dekade“, sagte Grünen-Vorstand Omid Nouripour. „Es braucht neue Gesichter“, sagte seine Co-Chefin Ricarda Lang, die neben ihm stand. „Jetzt ist nicht die Zeit, um am eigenen Stuhl zu kleben.“ Kurzer Auftritt, klare Wort. Als beide von der Bühne gehen, weiß man: Der gesamte Grünen-Vorstand tritt zurück. Der Grünen-Parteitag Mitte November in Wiesbaden muss eine komplett neue Parteiführung wählen – von den Parteichefs bis zum Schatzmeister.

Die Frage ist dabei natürlich auch, was denn Robert Habeck damit zu tun hat. Als er sich direkt nach dem Rücktritt der beiden Parteivorsitzenden der Grünen sowohl im „Heute-Journal“ im ZDF wie auch in den „Tagesthemen“ der ARD den Fragen der Reporter stellte, kam man als Zuschauer kaum umhin, eine echt kinderbuchtaugliche Dramatik des Widerspruchs in seinen Worten zu erkennen. In beiden Interviews versuchte Habeck nämlich möglichst lobend rüber zu kommen, um dann aber auch wie ein harter Hund zu wirken. „Gute Parteivorsitzende“ seien Lang und Nouripour gewesen, sagte Habeck in beiden Sendungen. Sie hätten die „Partei zusammengehalten“, „Opfer gebracht“. Aber wieso mussten sie dann gehen?  „Damit die Partei aus der schwierigen Lage rauskommen kann“, sagte Habeck. Das sei aber die eigene Analyse von Nouripour und Lang gewesen. Haha, wenn da mal einer nicht ein bisschen flunkert. Die Scheidenden als Helden der Selbsterkenntnis zu loben, die da den Weg für Habeck frei gemacht haben, ist wohl schon ein bisschen zu viel der Dichtung. Das glauben ja nicht einmal die Kinderlein. Der Tag des Rücktritts habe gezeigt, wie „gnadenlos und manchmal unbarmherzig das politische Geschäft ist“, sagte Habeck dann noch in beiden TV-Interviews. Es sei offensichtlich geworden, mit welcher Härte da manchmal agiert werde. Von dieser Härte allerdings wüssten alle, „die da reingehen“. Tja, wer war denn jetzt hart zum wem? Den offensichtlichen Widerspruch zum „freiwilligen Rücktritt“ klärte Habeck nicht auf. Vielleicht merkte er ja auch gar nicht, dass er diesen vor den Kameras erzeugt hat.

Klar zu erkennen ist jedenfalls, dass Robert Habeck nach dem Rücktritt der Parteispitze seine Vertrauten in Stellung bringt. Franziska Brantner und Felix Banaszak wollen Parteichefs werden. Für viele Abgeordnete gilt Brantner schon als gesetzt. Hauptgrund dafür ist ihr gutes Verhältnis zu Habeck, sie gilt als eine seiner engsten Vertrauten. Felix Banaszak, 34 Jahre jung, gilt er als einer der besten Rhetoriker des linken Flügels – als einer, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Er war Autor eines viel beachteten Gedichts, das er Ende vergangenen Jahres auf einen AfD-Antrag hin im Bundestag vertrug. „Wer belastet so spät den Bundestag?“, witzelte er, „es ist die Fraktion, die keiner mag.“ 

Nun gut, die Grünen wollen sich natürlich neu formieren, nach diversen Wahlschlappen und auch aufgrund von Anfeindungen etwa der Union, Markus Söder gerne vorneweg. 

Manche andere Partei zeichne ein Bild von einem Land, in dem alles düster ist, sagte die Grünen-Fraktionschefin Haßelmann. „Dem wollen wir uns entgegenstellen“, kündigte sie für den nächsten Wahlkampf an. So äußerte sich auch der designierte Kanzlerkandidat Robert Habeck. Die Grünen könnten ein Angebot machen, damit die schlechte Stimmung im Land umschlagen könne zu einer „mutigen Entschlossenheit“. Als wichtiges Thema nannte Habeck soziale Gerechtigkeit. Es gebe eine radikal ungerechte Vermögensverteilung. Es dürfe nicht sein, dass nur Reiche ins Theater gehen könnten. Habeck warf zudem der Union vor, sie bediene sich populistischer Parolen und übersehe, dass die eigentliche Allianz in der demokratischen Mitte geschaffen werden müsse. Schönen Gruß an Merz und Söder, die zuletzt eine Koalition mit den Grünen ausschlossen. So was können ja nur Kinder tun.