Die 15-jährige Mathilda Dendorfer spielt Geige seit sie vier Jahre alt ist. Sie ist Schülerin der 9. Klasse am Friedrich-Gymnasium in Herdern, das vor kurzem zum Musikgymnasium ernannt wurde – eines von nur vier Musikgymnasien in Baden-Württemberg. Was das für sie bedeutet, die bereits an der Hochschule für Musik Freiburg im Rahmen der Freiburger Akademie zur Begabtenförderung (FAB) unterrichtet wird, erzählt das aufgeweckte Mädchen im Gespräch.
Kommst du aus einem Musiker-Zuhause oder wie bist du zur Geige gekommen?
Mathilda Dendorfer: Mein Vater spielt ein bisschen Klavier, meine Mutter spielt kein Instrument. Beide interessieren sich aber für klassische Musik. Ich erinnere mich, dass wir einen Film über die Oper „Die Zauberflöte“ angeschaut haben, als ich sehr klein war. Dabei zoomte die Kamera auch in den Orchestergraben und dort habe ich die Geigen gesehen, das fand ich ganz toll, das wollte ich unbedingt auch lernen.
Ändert sich für dich etwas, wenn das Friedrich-Gymnasium nun auch Musikgymnasium ist?
Mathilda Dendorfer: Dadurch, dass ich bereits seit ich zwölf Jahre alt bin bei der FAB (Freiburger Akademie für Begabtenförderung; Anm. d. Red.) an der Musikhochschule bin, wo ich Geigenunterricht bei Prof. Simone Zgraggen habe, werde ich sowieso schon in Musiktheorie und Gehörbildung und so weiter unterrichtet. Deshalb werde ich diese Kurse am Friedrich-Gymnasium nicht nutzen, aber es ist toll, dass es so vielfältige Angebote gibt, wo alle was ausprobieren und viel Neues lernen können. Beispielsweise möchte ich dort auch gerne Tutorin werden und mit jüngeren Streicherinnen und Streichern schwierige Orchesterstellen üben oder Konzerte organisieren.
Wo soll dich dein musikalischer Weg hinführen?
Mathilda Dendorfer: Das ist eine sehr schwierige Frage. Erstmal möchte ich schauen, welche Fortschritte ich noch mache und wie es weitergeht. Nach dem Abitur möchte ich Geige studieren und danach könnte ich mir vorstellen eine Geigen-Lehrerin oder im besten Fall Geigen-Professorin zu werden, ein Trio oder Quartett zu gründen und auf Konzerttourneen gehen – das wäre schön.
Du siehst dich also nicht als Konzertmeisterin bei den Berliner Philharmonikern?
Mathilda Dendorfer: Ich weiß nicht, Konzertmeisterin ist natürlich toll, da hat man eine besondere Verantwortung, aber nur Orchestermitglied hat mir bis jetzt nicht so wahnsinnig viel Spaß gemacht. Aber ich habe da auch noch nicht so viel ausprobiert.
Wie oft bist du an der Musikhochschule?
Mathilda Dendorfer: Während des Semesters – im Moment sind ja gerade Semesterferien – kommt meine Professorin aus der Schweiz jede Woche nach Freiburg, dann habe ich bei ihr Einzelunterricht. Zudem gibt es immer wieder Gruppenstunden, bei denen auch Bachelor- und Master-Studierende dabei sind, und Vortragsabende. Einmal pro Woche habe ich zudem Klavierunterricht, Gehörbildung, Stimmbildung, Rhythmik und Musiktheorie-Unterricht. Insgesamt bin ich an drei bis vier Tagen in der Woche an der Musikhochschule.
Verpasst du dadurch viel Schulunterricht?
Mathilda Dendorfer: Eigentlich nur wenn ich Wettbewerbe oder Meisterkurse habe. Aber meine Schule ist da sehr offen, sehr nett, das war nie ein Problem.
Hast du denn noch Freizeit, andere Interessen?
Mathilda Dendorfer: Ich lese sehr gerne und gehe manchmal zum Ausgleich schwimmen. Ich habe außerdem einen Hund, mit dem ich gerne spazieren gehe. Manchmal gehe ich auch mit meiner Familie wandern. Außerdem reise ich gerne, aber das lässt sich ja auch gut mit der Geige kombinieren, ich komme dabei viel rum.
Ganz ehrlich: wie viel Jahre lang mussten deine Eltern hinterher sein, damit du Geige übst?
Mathilda Dendorfer: Anfangs vielleicht ein bisschen, bis ich so neun war habe ich nicht so viel geübt. Aber spätestens seit ich mit zwölf ins FAB kam, habe ich alles von alleine gemacht. Bei den Wettbewerben oder Konzerten möchte man natürlich gut sein, das kommt dann von selbst. Meine Eltern waren nie so streng, sie haben nie gesagt, ‚du musst jetzt üben‘. Es waren eher so Vorschläge, wie, ‚es wäre doch gut, wenn du heute nochmal was an der Geige machst‘. Ihnen ist es aber sehr wichtig, dass ich auch gut in der Schule bin, damit ich auch noch andere Möglichkeiten habe, als nur Geigerin zu werden.
Glaubst du denn, man kann ein Kind überhaupt dazu bringen, ausreichend mit einem Instrument zu üben, wenn es eigentlich keine Lust hat?
Mathilda Dendorfer: Nein, ich glaube, das muss auch ein Kind selber wollen. Spätestens in der Pubertät merkt man, ob das Instrument wirklich für einen wichtig ist, sonst wird man damit aufhören. Wenn ein Kind ein Instrument für sich erst einmal entdeckt hat, dann allerdings können Eltern schon zum Üben ermuntern. Aber wenn es nur noch mit viel Druck läuft und nicht mehr vom Kind selbst kommt, dann sollte man es lieber lassen, denke ich.
Wie viele Stunden übst du so im Durchschnitt?
Mathilda Dendorfer: Ich schaue nicht auf die Uhr, meist übe ich so viel es geht. Alle Zeit, die ich außerhalb der Schule noch habe, versuche ich dafür zu nutzen.
Gibt es auch Momente, wo du die Geige am liebsten an die Wand schmeißen würdest?
Mathilda Dendorfer: Nein, niemals. Gerade wenn es mal bei Wettbewerben nicht so rund läuft, lernt man dabei wahnsinnig viel, sogar mehr. Es ist als Musiker ein sehr langer Weg, und es gibt immer Höhen und Tiefen, aber das ist im Leben ja auch so.
Und was für eine Geige spielst du?
Mathilda Dendorfer: Ich habe von der Landessammlung Baden-Württemberg eine tolle Geige als Leihgabe bekommen, ein sehr altes Instrument, laut Zettel gebaut 1733 von Guarneri del Gesù aus Cremona, Italien (Giuseppe Guarneri, genannt del Gesù, war ein legendärer italienischer Geigenbauer und Zeitgenosse von Antonio Stradivari; Anm.d.Red.) Ich bin sehr glücklich! Ich habe sie erst seit Kurzem und entdecke jeden Tag etwas Neues. Es ist so toll darauf zu spielen und sie sieht so wunderschön aus!
Hintergrund: Das Friedrich-Gymnasium ist nach Stuttgart, Karlsruhe und Trossingen als vierter Standort in Baden-Württemberg ab dem Schuljahr 2022/2023 offiziell „Musikgymnasium für musikalische Hochleistungen“.
Die Freiburger Akademie zur Begabtenförderung (FAB) der Hochschule für Musik Freiburg bietet unter der Leitung von Prof. Christoph Sischka musikalisch hochbegabten Jugendlichen ab 12 Jahren die Möglichkeit eines musikalischen Vorstudiums.