Na klar ist es schade (Achtung Kalauer!), dass Kevin Schade nun in der Rückrunde nicht mehr eingewechselt werden kann, um mit seinem Tempo und seiner Technik ein enges Spiel zugunsten des SC Freiburg zu entscheiden. In seiner üblichen Art hat Christian Streich dazu spitzbübisch bemerkt: „Am liebsten hätten wir das Geld und der Kevin Schade wäre auch noch da. Aber das geht ja nicht.“
Bei der Kommentierung des Transfers sprach Christian Streich zwar bemüht sachlich, aber nicht ohne einen leicht süffisanten Unterton davon, dass „die Engländer“ ja nicht wüssten, „wohin mit dem vielen Geld.“ Und da dies halt so ist, so befand der Trainer des SC Freiburg, sei es ja nicht schlecht, „wenn mir auch etwas davon abbekommen.“
Das war dann freilich leicht untertrieben. Denn der Premier-League-Klub FC Brentford verpflichtet den 21 Jahre alten Stürmer Kevin Schade vom SC Freiburg zunächst auf Leihbasis bis zum Saisonende 22/23. Danach greift eine Kaufpflicht, womit sich das Paket inklusive Leihgebühr auf 25 Millionen Euro beläuft. Und damit wird Kevin Schade – überwiegend noch Ersatzspieler beim SC – zu Freiburgs teuerstem Transfer überhaupt.
Dahinter folgen: Innenverteidiger Caglar Söyüncü wechselte zu Beginn der Saison 18/19 für eine Summe von 21,10 Millionen Euro in die Premier League zu Leicester City. Nico Schlotterbeck brachte dem SC Freiburg 20 Millionen Euro ein, als er im Sommer 2022 zu Borussia Dortmund wechselte. Er war damals nicht nur Stammspieler, sondern auch Leistungsträger beim SC und außerdem gerade frisch gebackener Nationalspieler. Ebenfalls zum BVB wechselte zu Beginn der Saison 17/18 für 20 Millionen Euro Maximilian Philipp. Für eine Ablösesumme von 15 Millionen Euro wechselte Luca Waldschmidt zu Beginn der Saison 20/21 vom SC Freiburg zu Benfica Lissabon. Zehn Millionen Euro brachte Matthias Ginter dem SC Freiburg ein, als er im Sommer 2014 zu Borussia Dortmund wechselte.
Deutlich sichtbar, bei allem Lob, das Christian Streich für die „außergewöhnlichen Fähigkeiten“ des Kevin Schade übrig hatte, als er den Wechsel kommentieren sollte, ist also eine Entwicklung sowohl was den SC Freiburg wie auch den Transfermarkt insgesamt betrifft: Wenn Spieler wie Ginter, Philipp oder Waldschmidt für viel Geld gingen, war das Teil des Ausbildungsprinzips beim SC, aber immer auch eine fußballerisch bittere Sache. Denn es riss Löcher. Danach musste der Stein wieder von unten den Berg hoch geschafft werden. Es ging einfach immer ums Überleben in der Bundesliga.
Das war erstmals anders – ein Quantensprung für den SC – als für Nico Schlotterbeck zu Beginn der laufenden Saison Matthias Ginter zurück kam und die Innenverteidigung des SC seither noch besser gemacht hat. Umso schöner, wenn es für einen zwar hochtalentierten, aber dennoch noch lange nicht fertigen 21jährigen Kevin Schade so fette Kohle gibt. Christian Streich sagte dazu dann noch, dass es am Ende „stimmig“ gewesen sei. Der Mann hat halt echt Humor.
Und gleichzeitig ist dies Ausdruck eines Irrsinns auf dem Transfermarkt. Die Übermacht des englischen Geldes auf Europas Fußballmärkten wird schon lange beschworen, bereits 2015 prophezeite der damalige DFL-Chef Christian Seifert, die Engländer könnten allen anderen „die Kabinen leerkaufen.“ Denn in England wuchern die globalen Fernseherlöse und die Zahlungen von Investoren und neuen Klubbesitzern wie den Amerikanern beim FC Chelsea. Europas Ligen sind für die Premier League Supermärkte, die Winter-WM war für sie eine Einkaufsmesse.
Wie kürzlich die SZ vorrechnete, war Neymar, als er 2017 für 222 Millionen Euro zu PSG wechselte, in etwa so viel wert zehn Maradonas von 1984. Seither hat man Neymar oft auf dem Rasen (nach Abpfiff) flennen sehen. Die Titel, die zehn Maradonas erreichen würden, sind weit außerhalb seiner Reichweite. Die des einen Maradona auch. Man sieht: Geld mag schon Tore schießen, aber auch ein Kevin Schade wird nicht doppelt so oft treffen wie einst Maradona, der 12 Millionen Ablöse kostete, als er nach Neapel wechselte.