Franco Orlando ist einer der Gründer der Liste „Bürger für Freiburg“, ist Stadtrat und ein Mann mit Ideen und Engagement. Michael Zäh sprach mit Franco Orlando über aktuelle Themen in der Stadt sowie über grundsätzliche Ziele seines politisches Engagements.
Leider wurde ja gerade bundesweit der zweite Lockdown ausgerufen. Wie sehr bedrückt Sie das als politisch gestaltender Mensch?
Franco Orlando: Das tut mir tatsächlich wahnsinnig leid – für die Gastronomen, aber fast noch mehr für den Einzelhandel, und dann nochmal mehr für die Kreativ- und Kulturwirtschaft. Im ersten Moment denkt man ja vor allem an die Gastronomen, die teilweise viel investiert haben in funktionierende Hygiene-Konzepte. Aber für die Gastronomen wurde inzwischen ja doch eine gute Lösung geschaffen, zumindest mal für den November. Da sollen ja 75 Prozent des Vorjahresumsatzes durch den Staat als Entschädigung bezahlt werden.
Ist das nicht tatsächlich mehr als die Betriebe gehabt hätten, wenn sie weiter geöffnet hätten haben dürfen. Da der Umsatz im November 2019, vor Corona, doch sicher deutlich höher lag als es der Umsatz im November 2020 hätte bringen können. Wie sehen Sie das?
Franco Orlando: Es stimmt sicherlich, dass in der Gastronomie durch dieses Angebot des Staates zumindest nicht sofort Panik ausbricht. Was aber ganz hinten runter fällt, ist derzeit die Kreativ- und Kultur Wirtschaft. Da fällt mir gar nicht mehr ein, was man dazu sagen soll. Das tut mir wirklich extrem leid. Ich versuche wenn möglich zu unterstützen. Ich habe sehr viele Anfragen von Menschen aus der KulturFitness- oder Kosmetikbranche sowie aus dem Einzelhandel, die echt verzweifelt sind.
Wie sehen Sie es denn bezüglich der getroffenen Maßnahmen des Bundes und der Länder in Hinsicht auf „Gerechtigkeit“. Ist da nicht ein bisschen Schräglage?
Franco Orlando: Das ist tatsächlich so. Für die Gastronomie gab es eine ordentliche Lösung, wie ich auch von verschiedenen Stellen aus der Branche gehört habe. Da hat der Staat zugemacht und da muss man jetzt entschädigen. Doch was ist mit dem Einzelhandel? Da dürfen die Geschäfte offen haben, aber in einer leeren Stadt. Derzeit ist die Innenstadt wirklich wie ausgestorben, natürlich auch, weil die Gastronomie zu hat. Deshalb fehlten dem Einzelhandel, wie ich gehört habe, oft bis zu 50 Prozent der Einnahmen, während aber die Kosten komplett alle weiter laufen.
Wie kann man da als Stadtrat helfen?
Franco Orlando: Wir haben in der letzten Gemeinderatssitzung den Antrag gestellt, dass der Einzelhandel auch Flächen außerhalb der Geschäfte, also im öffentlichen Raum, nutzen darf. Weil man unter Sicherheitsaspekten – noch mehr Hygiene – da draußen an der frischen Luft einfach noch etwas mehr erreichen kann.
Stichwort: Frische Luft. Der Weihnachtsmarkt musste für dieses Jahr auch abgesagt werden. Sie hatten sich zuvor für ein dezentrales Konzept zur Realisierung des Weihnachtsmarktes eingesetzt. Wie sehen Sie jetzt die Absage?
Franco Orlando: Die aktuelle Entwicklung der Corona-Pandemie ist sehr bersorgniserregend. Deshalb ist dieser Teil-Lockdown jetzt auch Ultima Ratio, um das Geschehen auf den letzten Drücker vielleicht doch noch in den Griff zu bekommen. Da stehe ich im Wesentlichen hinter den Entscheidungen von Bund und Ländern. Man sieht ja derzeit auch, wie in Freiburg und dem Umkreis die Intensivbetten immer mehr belegt sind. Gleichzeitig ist in Bezug auf die Absage des Weihnachtsmarktes aber auch zu sagen, dass mir die Schausteller extrem leid tun. Die haben in diesem Corona-Jahr das ganze Jahr praktisch kein Einkommen. Das ist mehr als hart.
Wie kann man denn helfen?
Franco Orlando: Auf unser Betreiben hin hat die Stadt ja 100.000 Euro im Hilfsfond für Club- und Musikspielstättebn zur Verfügung gestellt. Aber dieses Hilfsangebot wurde gar nicht komplett abgerufen. Nur so 60.000 bis 70.000 Euro. Das hat mich schon verwundert.
Okay, jetzt verlassen wir das Thema Corona. Ich würde gerne mal auf die Gründung der Liste „Bürger für Freiburg“ zurück blicken. Sie waren ja einer der Gründerväter. Erzählen Sie uns doch mal wie so etwas konkret abläuft. Wie ist da die Entwicklung bis zu einer solchen Gründung?
Franco Orlando: Da steckt einfach die Sehnsucht nach etwas Überparteilichem dahinter. Ich war ja auch CDU-Ortsvorsitzender in der Wiehre – im Moment ist die Mitgliedschaft stillgelegt, solange ich Stadtrat bin. Wir haben auch jeman von der SPD und der FDP dabei. Also, wir sind bunt. Wir haben das als Alternative gegründet, weil wir mit der Parteienlandschaft nicht ganz so zufrieden waren. Es ist auch ein Credo von mir, dass ich sage: Auf kommunaler Ebene ist es tatsächlich ziemlich egal, bei welcher Partei du bist. Denn da spielen parteipolitische Interessen eher eine untergeordnete Rolle. Es geht schlicht darum, was für Freiburg gut ist. Das war auch damals unser Motto: „Gemeinsam für unsere Stadt.“ Und man sieht ja auch an Oberbürgermeister Martin Horn, der ja parteilos ist, dass es nicht unbedingt die Parteizugehörigkeit ist, die wichtig ist. Sondern der Wille, für Freiburg das Beste zu erreichen, auch durch Veränderungen.
Entwickelt sich eine Liste „Bürger für Freiburg“ aufgrund privater Kontakte? Wie läuft das dann, von der ersten Idee bis zur tatsächlichen Umsetzung?
Franco Orlando: Ja, das ist zunächst ein engerer Kreis von drei, vier Gleichgesinnten, die sich zusammen getan haben. Dann haben wir eine andere Gruppe gefunden, die ebenfalls vorhatte, eine eigene Liste aufzustellen. Man hörte also voneinander und dann hat man sich getroffen, um einfach die Schnittmengen auszuloten. Und die waren recht groß: bürgerliche Mitte, Mitte der Gesellschaft, und Wirtschaftskompetenz. Also haben wir uns zusammen getan und sind immer mehr geworden.
Klingt danach, als ob das Spaß macht?
Franco Orlando: Das stimmt auch. Die „Bürger für Freiburg“ sind ja auch weiter sehr aktiv. Da sind viele Leute sehr fleißig und machen mit. Das hätte ich am Anfang gar nicht so erwartet. Oft ist es ja so, dass bei den Wahlen viel Aktivität entfaltet wird, aber im politischen Alltag, etwa bei den Gemeinderatssitzungen, das Interesse und die Energie dann zurück geht. Das ist bei uns nicht der Fall. Da sind wahnsinnig viel mit großem Engagement bei der Stange geblieben und das finde ich ganz großartig.
Die „Bürger für Freiburg“ bilden eine Fraktion mit der FDP. Wie kam es und wie läuft das?
Franco Orlando: Das ist prima gelaufen. Für uns war schnell klar, dass wir eine Fraktion nur mit der FDP gründen können. Ich kannte ja die handelnden Personen wie Christoph Glück und Sascha Fiek schon länger, teilweise aus der Studienzeit. Bei uns gibt es keinerlei Querelen, wir verstehen uns blind und haben eine super Zeit. Da ist schon eine tolle Dynamik drin, erst Recht seitdem wir mit Claudia Feierling zu Viert sind und mit Susanne Atila eine kompetente Fraktionsgeschäftsführerin haben.
Welche konkret anstehenden politischen Projekte für Freiburg liegen Ihnen persönlich am Herzen?
Franco Orlando: Ich selbst halte neben dem Breitensport, der mir sehr am Herzen liegt, das Thema der Verkehrswende für sehr wichtig. Was mir allerdings sehr recht wäre, das ist, dass man es gemeinsam löst. Also nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern gemeinsam nach Lösungen suchen. Es wäre wichtig für Freiburg: Weniger Stau, weniger Umweltbelastung …
Das ist ja immer ein hoch emotionales Thema, quasi die Autofahrer, die sich schnell in ihren Rechten eingeschränkt sehen gegen die Fahradfahrer, die mehr Platz und weniger Abgase forden …
Franco Orlando: Das ist natürlich nun echt mein Steckenpferd. Ich bin Fahrradfahrer hoch zehn. Ich fahre alles, was geht mit dem Fahrrad. Ich bin aber gleichzeitig liberal genug, um jedem zu erlauben, wenn er partout sein Auto nehmen will, dass er das natürlich auch machen darf. Aber gleichzeitig ist es wichtig, das Fahrrad so sexy wie möglich zu machen, dass es maximal genutzt wird. Auf jeden Fall muss man dieses Thema gemeinsam mit der Verwaltung halt so machen, dass es nicht so emotional angepackt wird, sondern man einfach vernünftig miteinander redet.
Sie machen sich ja auch stark für digitale Mobilitätskonzepte. Können Sie das kurz ausführen?
Franco Orlando: Ja gut, neben der Stärkung des ÖPNV wird in Freiburg jetzt z.B. auch das Handyparken eingeführt. Auch Car-Sharing spielt eine immer größere Rolle, weil dadurch natürlich dann auch weniger Autos auf die Straße kommen. Aber nochmal: Von einer Verbietungsgeschichte halte ich nicht viel.
Kürzlich haben Sie und die Liste „Bürger für Freiburg“ bezüglich des Flächennutzungsplans 2040 eine Initiative für den „Greencampus“ am Freiburger Flughafen gestartet. Erzählen Sie mal.
Franco Orlando: Das ist eine Vision. Da gab es einen Arbeitskreis bei den „Bürgern für Freiburg“ und das Thema hat sich über Monate immer weiter entwickelt. Da ist dann ein Konzept entwickelt worden, weil Freiburg sich von den Einwohnern her explosiv entwickelt. Da muss dann schon die Frage erlaubt sein, was macht die Stadt mit dieser tollen großen Fläche da draußen am Flugplatz, wenn die Mietverträge im Jahr 2031 dort auslaufen. Ich weiß schon, dass ich jetzt dafür von den Fliegern einen auf den Hut kriege. Aber man sollte trotzdem mal darüber nachdenken.
Wie sieht denn die Vision konkret aus?
Franco Orlando: Darf ich zunächst betonen, dass diese Vision nicht von der Fraktion, sondern allein von „Bürger für Freiburg“ stammt. Da sind wir der Meinung, dass man auf dem Gelände auch den ersten Schritt zu einem neuen Eisstadion machen könnte, dazu Parkanlagen, Kleingärten, also ein echtes Naherholungsgebiet für Freiburg. Dazu könnte auch Sporthalle für Basketball und andere Sportarten gehören, sowie eine Festhalle für Veranstaltungen, dazu ein Sportinternat. Die Vison enthält auch die Möglichkeit für ein neues Universitätsstadion mit Olympiastützpunkt, also ein Umzug von der Schwarzwaldstraße auf den ehemaligen Flugplatz. Ich habe bisher ein positives Feedback für diese Vision bekommen.
Sie haben Oberbürgermeister Martin Horn damals bei der Wahl zum OB unterstützt. Wie war das genau?
Franco Orlando: Das war tatsächlich so, dass wir uns sofort sympathisch waren, als ich Martin Horn kennen gelernt habe. Damals hat sich daraus schon eine Freundschaft entwickelt, die sich auch bis heute gehalten hat. Man sieht inzwischen auch, dass die Wahlversprechen, die Martin Horn abgegeben hat auch wirklich zu realisieren versucht werden. Auch wenn dies extrem schwierig ist, wie beim bezahlbaren Wohnraum und der Digitalisierung. Und nun ist es auch so, dass Martin Horn als OB in einer Zeit der Stadt vorsteht, wie es sie noch nie gab, aufgrund der Naturkatastrophe der Corona-Pandemie. Und das ist nicht leicht, weil es die Spielräume einengt. Weniger Steuereinnahmen etc. Aber Martin Horn ist unheimlich fleißig und wahnsinnig transparent. Er macht es weiterhin richtig gut.
Franco Orlando stellt sich vor
Mein Name ist Franco Orlando. Ich bin 48 Jahre alt, habe italienische Wurzeln und lebe seit einem Vierteljahrhundert in Freiburg – seit 16 Jahren mit meiner Familie im Freiburger Osten. Beruflich habe ich als gelernter Diplom-Volkswirt und Bankkaufmann nach meiner langjährigen Tätigkeit bei Ernst & Young vor knapp 11 Jahren Hobby zum Beruf gemacht und bin als Geschäftsführer des eigenen Fahrradfachhandels BIKESportWorld tätig.
Ich vertrete die FDP/BFF Fraktion in diesen Ausschüssen und Gremien: Aufsichtsrat der FWTM, Aufsichtsrat der Stadiongesellschaft SC Freiburg, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender FDP/BFF, Mitglied im Mobilitätsausschuss, Mitglied im Sportausschuss, Mitglied im Sozialausschuss, Mitglied im Tourismusbeirat, Mitglied der Marktkommission, Mitglied der Grundstückskommission, Mitglied der Auswahlkommission für Stellenbesetzungen der Stadt Freiburg, Mitglied der Begleitgruppe zum Stadtjubiläum, Mitglied der Begleitgruppe zum Stadttunnel, Mitglied der MV Regio Freiburg, sowie im Herrenelferrat der Breisgauer Narrenzunft.