Eine deutsche Dummheit

Die Debatte über deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ist sinnlos und schädlich.

Die anhaltenden Diskussionen über Waffenlieferungen von Deutschland an die Ukraine sind eine typisch deutsche Mäkel-Debatte. Sind wir Deutschen wirklich so blöd, alles öffentlich diskutieren zu wollen, was in anderen Ländern diskreter behandelt wird? Ist Deutschland, also hier die Regierung unter Scholz, tatsächlich zu zögerlich und abwartend? Oder wird dieses Bild nur erzeugt, weil es uns so schön unfähig aussehen lässt? Sind deutsche Politiker und Parteien mit einem Hang zur Selbstgeißelung ausgestattet? Sind wir Deutschen gar masochistisch veranlagt?

Es verwundert vielleicht weniger, dass die Union in der Opposition ständig das Narrativ des „zögerlichen Kanzlers“ bedient und damit die Debatte um deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine im Grunde für rein parteipolitische Ziele missbraucht. Wenn aber auch aus den Parteien, die als Ampel-Koalition in Berlin regieren, ständig Zurufe, Vorwürfe und Empörungen vermeldet werden, ist das schon kurios. Da ist beispielsweise der grüne Hofreiter Toni, auch „Schwere-Waffen-Toni“ genannt, der gerade jüngst wieder lautstark die Lieferung von deutschen Leopard sowie Marder-Panzern gefordert hat. 

Die schräge Debatte wird ja oft von Politikern aus der zweiten oder dritten Reihe besonders eifrig in die Öffentlichkeit getragen, meistens über Talkshows oder Zeitungs-Interviews. So sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Siemtje Möller (SPD) im ZDF dass innerhalb der Nato festgehalten worden sei, „dass keine Schützen- oder Kampfpanzer westlichen Modells geliefert werden.“ Woraufhin der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, gleich einen „veritablen Skandal“ ausrief. Grünen-Verteidigungspolitikerin Sara Nanni schimpfte ebenfalls, man sei „irritiert und überrascht“ von dieser Aussage. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), wiegelte ab: „Der Bundeskanzler hat vor zwei Wochen im Verteidigungsausschuss gesagt, er habe mit Amerikanern, Briten und Franzosen vereinbart, im Augenblick keine schweren Kampfpanzer zu liefern.“ Insofern sei die aktuelle Aufregung über Möllers Erklärung nicht verständlich. 

Wohl wahr. Was wollen Politiker mit solchen Empörungsdebatten beim Wähler eigentlich erreichen? Gefühlt 99 Prozent der Wähler wissen ja gar nix über die Waffen, von denen hier die Rede ist, kennen auch nicht den Frontverlauf im Krieg (siehe Seite 11). Es geht also um eine Gefühlssache. Da soll vage die Lage in Kategorien wie „Zögern und Zaudern“, „Feigheit“, „Mut“, „Anpacken und Liefern“ aufgeteilt werden. Die „Anpacker“ sind dann jene, die am lautesten schreien und die „Zauderer“ sind die, die eher schweigen. Robert Habeck hat diesen Schwachsinn schön beschrieben: „Während wir hier reden, werden ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 ausgebildet, die schon in den nächsten Tagen geliefert werden.“