Du hast diese ferne Kindheitserinnerung an einen bestimmten Ton. Es war ein Surren, vielleicht auch ein Vibrieren. Jedenfalls kam der Ton aus dem Schwarz-weiß-Fernseher, und zwar immer dann, wenn dort das „Raumschiff Orion“ gezeigt wurde. Ein Abenteuer im Weltall aus deutscher Produktion, mit Dietmar Schönherr, im Jahr 1966 über die Bildschirme geflimmert. Aber egal, da war eben dieser Ton. Der begegnet dir heute fast an jeder Straßenecke. Kann sein, dass er nach dem „Raumschiff Orion“ auch im „Raumschiff Enterprise“ zu hören war. Ein leise flirrender Ton. Er steht für dich sozusagen für die fliegende Untertasse. Und heute gibt jedes Elektro-Auto eben dieses Flirren von sich. Das macht dich fast schon nervös. Denn du weißt noch, wie ein Achtzylinder klingt, tief brummelnd, als atme er die Straße. Ein Plädoyer für den richtigen Sound.
Darf man das heute überhaupt noch zugeben? Du warst kein Kind mehr, als Diebe nachts in Paris die Lampen deines Oldtimers klauten (Foto links). Ist schwer vorstellbar, dass dies heute noch einer machen würde. Tesla und Co. jedenfalls fotografieren auch ganz ohne Fahrer munter vor sich hin. Da gehst du mit dem Hund spazieren – und das geparkte Auto nebendran schickt dir Blitzlichter hinterher. Nun ja, wir sind halt hübsch.
Doch zurück zum Ton. Du stehst ja nicht auf die Poser, die sich an der Straßenkreuzung wichtig machen. Selbst der gierig schlürfende Sound einer Harley scheint dir eher etwas lächerlich zu sein. Aber das Surren der fahrenden Untertassen – das geht gar nicht!
Und dir scheint es irgendwie auch komisch, dass künftig alles aus der Steckdose kommen soll. Die Wärmepumpe, das Elektro-Auto, das Handy und der Computer sowieso. Nix geht ohne Strom – ist das nicht einseitig? Klar weißt du, dass sowieso nix ohne Strom ginge, weil natürlich auch die Zapfsäulen an der Tankstelle keinen Sprit mehr abgeben könnten, wenn es einen Blackout gäbe. Aber trotzdem: Ein voller Tank könnte dir noch ein paar Kilometer bringen, wenn gerade alle Lichter ausgehen. Sagt das Bauchgefühl. Wie ja die Menschen über einem offenen Feuer noch kochen können, wenn sonst nichts mehr funktioniert.
Nun ja, wenn wir nichts gegen die Klimakrise machen, dann wird diese etwas mit uns machen. Das ist keine Frage. Dein Achtzylinder von früher brauchte sogar noch verbleites Benzin. Der Gestank der Abgase war so etwas wie Schnüffeln, quasi Bleifly. Damals gab es ja noch Ärzte, die sagten, dass Rauchen nicht schlecht sei, weil geräuchertes Fleisch länger hält.
Heute ist alles besser. Irgendwie. Es surrt fast um jede Ecke. Das ist der Hochton des Elektrischen. Wenn die Dinger wenigstens gleich fliegen könnten, wie in „Das fünfte Element“ das Taxi von Bruce Willis, dann hätte der hohe Ton einen Sinn. Er stünde für das Summen der Lüfte. Es wäre ein Zeichen der Zukunft. Denn wer will, schon lauter Geknatter am Himmel? Aber hier unten auf Erden, in der ganz realen Welt, ist der leise plubbernde Sound des Achtzylinders halt der Puls des Lebens. Sorry, den gibt es auch nicht aus der Konserve. Echt ist er nur, wenn ein Motor brummt. Und weil das mit dem Motor wegen Klima und so nicht mehr geht, dann bitte die völlige Lautlosigkeit, ohne Untertassen-Fiepen! Leise wie der Wind.