Dir kommt eine ferne Erinnerung in den Sinn. Das waren tröge Stunden als Kind. Du spieltest „Autoquartett“. Es ist zu lange her, um noch sicher zu wissen, ob da ein „Audi 80“ drin vorkam, ein „VW Käfer“ oder sogar ein „Simca“ (also lauter Kisten, die du später als junger Mann gefahren bist, natürlich gebraucht und bald fertig mit der Motorenwelt). Aber du weißt noch genau, dass der „Jaguar E“ eine Siegerkarte war. Denn das Spiel ging ja so: Weist eine Karte nur 100 PS aus, die andere aber 150 PS, so hat die höhere Karte gewonnen und der Mitspieler mit dem niedrigeren Wert muss seine Karte an den Mitspieler abgeben. Und der Jaguar hatte außerdem acht Zylinder (oder waren es gar zwölf?), was wiederum noch höher zählte als nur die PS. Wie gesagt, es war tröge. Deine Begeisterung hielt sich in Grenzen.
In letzter Zeit branden neue Begriffe an. Es scheint so, als ob du sie lernen musst, wie du in den vergangenen Jahren die Begriffe „Corona“, „Pandemie“, „Sieben-Tage Inzidenz“, und all den Lauterbach-Speech lernen musstest. Nun handelt es sich zunächst um eher possierliche Namen: „Gepard“, „Marder“, „Fuchs“, „Leopard“, lauter Raubtiere, allesamt Panzernamen. Doch das kann natürlich nur eine erste Annäherung sein. Welches Tier kann was? Der „Gepard“, so lernst du flugs und fleißig, nachdem er nun der Ukraine im Krieg zur Verfügung gestellt werden soll, ist ein „Flugabwehrkanonenpanzer“. Auf der Spielkarte würde stehen: „Der Gepard wurde primär entwickelt, um im taktischen Rahmen des Gefechts der verbundenen Waffen den beweglichen Panzer- und Panzergrenadiertruppen der Bundeswehr Schutz vor tieffliegenden Flugzeugen und Kampfhubschraubern zu geben. Er hat vergleichbare Eigenschaften wie die damals eingesetzten oder in der Entwicklung stehenden Panzer Leopard 1, Marder und Jaguar. So, so. Na, da weißt du Bescheid. Der „Jaguar“ aus Kindertagen ist auch wieder da.
Die Neigung, den Panzern possierliche Tiernamen zu geben, scheint eine deutsche zu sein. Es gibt auch noch viele andere Namen, von denen du noch nie gehört hast und die jetzt in aller Munde sind. „Hauptmodell der russischen Angreifer bleibt der schon 1972 in Dienst gestellte T-72, einer der meistgebauten Panzer der Welt. Obwohl mehrfach modernisiert, ist er westlichen Modellen inzwischen deutlich unterlegen“, heißt es. Aus den USA wurden jetzt „M198“ aber auch moderne „M777-Haubitzen“ geliefert. Beide Geschütze haben Kaliber 155 Millimeter. Ach schau, na dann.
Neuerdings wird den Ukrainern aus Deutschland und den Niederlanden die in Deutschland hergestellte „Panzerhaubitze 2000“ geliefert, eines der modernsten Artilleriesysteme der Welt. Du lernst: „Mobilität ist für die Artillerie extrem wichtig. Wenn es der gegnerischen Aufklärung nach einem oder mehreren Artillerieabschüssen gelingt, zu ermitteln, wo die eigenen Geschütze stehen, kann der Feind sie mit gezieltem Gegenfeuer ausschalten. Oft bleiben nur wenige Minuten. Deshalb sind häufige und vor allem schnelle Ortswechsel nötig: „shoot and scoot“ wird das genannt, feuern und weg. Selbstfahrende Geschütze können das besonders gut. Die Zeit zwischen Fahren, Stoppen, Feuern und Weiterfahren ist gering.“
Strategische Ziele, zum Beispiel Flughäfen in der gesamten Ukraine wurden immer wieder von „Iskander-Raketen“ angegriffen, deren Reichweite 500 Kilometer betragen sollen. Mit dem „S-300“ verfügt die Ukraine über ein effektives, mobiles System zur Flugabwehr. Es besteht aus mehreren Komponenten: aus Radars, unter anderem einem Feuerleitradar und einem Überwachungsradar, die direkt mit dem Feuerleitstand verbunden sind. Alles klar?
Du bist deutlich nach Ende des Zweiten Weltkriegs geboren. Du weißt nichts über Krieg. Und die meisten Leute deiner Generation auch nicht, selbst wenn sie in Talkshows labern. Es scheint derzeit, dass viele Leute sich als Profis des Krieges ausgeben, die keine Ahnung haben, wovon sie sprechen. Es ist wie beim Auto-Quartett. Wenn du es als Kind gespielt hast, bist ja noch nie selbst die Wagen gefahren. Es waren nur Abziehbilder einer Wirklichkeit. Beim Waffen-Quartett, das derzeit in Mode ist, wird es auch so sein, dass die meisten Leute noch nie selbst fuhren, schossen, töteten.