Da hat der Robert Habeck mal wieder ganz schlau sein wollen, quasi philosophisch für Anfänger. Die Aktionen der „Letzten Generation“ schaden laut Habeck den Bemühungen um den Klimaschutz. „Dieser Protest verhindert eine Mehrheit für Klimaschutz und treibt die Leute weg“, sagte Habeck auf dem evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Die Aktionen seien unspezifisch, träfen alle und damit „in Wahrheit niemanden“. Damit verpuffe der Protest und mache die Leute „nur zornig und ärgerlich“. Jetzt mal ganz langsam zum Mitdenken: Wenn es stimmen würde, dass die nervenden „Klimakleber“ schon ausreichen, um in Deutschland eine Mehrheit für den Klimaschutz zu verhindern, dann wäre ja die Mehrheit in Deutschland auf den Kopf gefallen und würde sich vor lauter Ärger vom eigentlichen Thema abwenden. Dann wäre die Mehrheit in Deutschland also ohne Verstand, nur von infantilen Gefühlen wie Ärger und Zorn geleitet. Sprich: Wie kleine Kinder. Und okay, wenn dies so sein sollte, dann braucht es natürlich einen wie Habeck als Oberlehrer, der den noch zu erziehenden Plagegeistern sanft und streng den Weg ins Glück weist. Nun ja, von einer Mehrheit in Deutschland sind allerdings Habecks Grüne (zuletzt 14 Prozent) weit entfernt.
Vielleicht ist ja die Gruppierung mit dem Namen „Aufstand Letzte Generation“ daran schuld. Könnte aber auch sein, dass die Grünen in der Ampel-Koalition „die Leute weg treibt“ (also ihre Wähler), weil Habeck, Baerbock und Co. zwar stets große Töne spucken, aber am Ende alle grünen Ziele nicht durchsetzen können. Manchmal, weil sie zu früh vorpreschen (wie bei Habecks Entwurf des „Heizungsgesetzes“), manchmal weil sie aus Angst vor den Rechtspopulisten in Europa von ihren ureigenen Prinzipien abweichen (Asyl-“Kompromiss“). Derweil sie das tun, hat die AfD die Grünen laut „Deutschlandtrend“ weit hinter sich gelassen. Die AfD lag zuletzt bei 18 Prozent. Da ist bestimmt die „letzte Generation“ dran schuld!
In der Frage der nervigen Klimaaktivisten weiß Habeck wenigstens und ausnahmsweise mal den Kanzler hinter sich. Der sagte prompt bei einem Besuch in einer Schulklasse (!), dass er die Aktionen der „Letzten Generation“ für „völlig bekloppt“ halte. Dabei hätte doch gerade der Sozialdemokrat Scholz wissen müssen, dass sich „bekloppt“ vom Bergbau ableitet, wo der Stein beklopft wurde. Na ja, vielleicht hätte der Scholz mal lieber „beknackt“ gesagt. Damit wäre er nämlich der Realität näher gekommen, die dem Wahlkampf in Bayern geschuldet ist.
Denn aus ziemlich durchschaubaren und rein politischen Gründen hat die Staatsanwaltschaft in München eine bundesweite Razzia gegen die Aktivisten der „Letzten Generation“ veranlasst. Da stiefelten also schwer bewaffnete Polizisten im Morgengrauen in Wohnungen, da wurden Konten gesperrt, Telefongespräche abgehört, E-Mail Accounts gesperrt und die Klimaaktivisten im Schlafanzug überrascht.
Natürlich sticht sofort ins Auge, dass eine solche Aktion des Staates schwer übertrieben ist. Die bayerischen Ermittler, angeführt von der Generalstaatsanwaltschaft München, berufen sich dabei auf einen Anti-Mafia-Paragrafen, den Paragrafen 129 des Strafgesetzbuches.
Echt jetzt? Sind die Klimaaktivisten also nicht nur mit Kleber, sondern auch noch mit Knarren unterwegs? Oder ist es nicht vielmehr ein politisch gewollter Kniff, die Organisation von Staus (die natürlich nerven, aber halt höchstens Nötigung sind) als „organisiertes Verbrechen“ einzustufen?
Die unverhältnismäßige Aktion hat vor allem gezeigt, dass die Staatsanwaltschaft (im Unterschied zu den Richtern) ja tatsächlich politischer Weisung unterliegt. Ihr oberster Chef ist nämlich ein Politiker wie es in Bayern eben die Landesjustizministerin ist. Die sitzt in der Landesregierung und vertritt die Interessen ihrer Partei – und in Bayern ist Wahlkampf.
Die Klimaaktivisten tun etwas, das weh tut. Es ist nicht leicht, sich dem Stress auszusetzen, vor den Kühlern erboster Autofahrer, und dabei die eigenen Hände zu verletzen. Leicht ist es hingegen, wie Habeck Ausflüchte zu suchen.