Die Ansage von Robert Habeck zeugt fast schon von Hilflosigkeit: Hätte die Union nicht vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, dann gäbe es jetzt die Probleme mit dem Haushalt 2024 der Ampel-Regierung nicht und dann müsste auch nicht dort gespart werden, wo es zum Beispiel den Landwirten weh tut. Das ist der Versuch, die Wut der Bauern ein Stück weit auch auf Merz und die Union umzuleiten. Aber stichhaltig ist es nicht. Denn der katastrophale Fehler der Ampel besteht nicht darin, was sie beschließen, sondern darin, wie sie es beschließen. Wenn drei Männer – Scholz, Habeck und Lindner – in nächtlichen Sitzungen ihre Köpfe zusammen stecken, um dann bleich im Morgengrauen zu verkünden, wo künftig gespart werden soll, dann wirkt das völlig abgehoben. Denn man kann nicht über Nacht im Hinterzimmer der Macht etwas beschließen, ohne mit den davon Betroffenen wenigstens mal gesprochen zu haben.
Es ist also die Art und Weise, wie Beschlüsse gefasst werden, die es den Gegnern der Regierung leicht machen, über die Ampel herzufallen. Und sogar Politiker aus dem eigenen Lager werden durch diese unsägliche Art der „geheimen“ Beschlussfassung vor den Kopf gestoßen. So hat der eigentlich zuständige grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir von den zu dritt beschlossenen Subventionskürzungen in der Landwirtschaft erst im Nachhinein erfahren. Und war prompt dagegen. Ebenso wie im späteren Verlauf der Bauern-Proteste Manuela Schwesig, SPD-Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern, oder Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, ebenfalls SPD. Dies zeigt anschaulich, dass diese Art der Entscheidungsfindung als Männer-Trio und Ampel-Spitze Scholz, Habeck, Lindner selbst in den eigenen Reihen befremdlich wirkt.
Noch schlimmer wurde die Außenwirkung, als nach den ersten Bauern-Protesten ein Teil der Maßnahmen wieder zurück genommen wurden. Eine Regierung, die zum wiederholten Mal nach Protesten rasch ihre Beschlüsse widerruft, erweckt den Eindruck, diese vorher nicht wirklich durchdacht zu haben.
Dies sagt nichts darüber aus, ob die vom Ampel-Trio erdachten Maßnahmen inhaltlich falsch sind. Das Verheerende ist, dass es darauf dann gar nicht ankommt, obwohl diese Frage eigentlich im Mittelpunkt der Diskussion stehen sollte. Warum sollte der Staat nicht eindeutig klimaschädliche Subventionen ein Stück weit abbauen dürfen? Das heißt doch nur, dass Geld der Steuerzahler nicht länger im gleichen Maße zur Unterstützung von Unternehmen (denn das sind die Landwirte) verwendet wird, wenn dies dem Klima schadet. Dabei geht es ja nicht um Verbote, sondern lediglich darum, einen Teil der finanziellen Zuwendungen des Staates zu kürzen. Die Landwirtschaft wird auch weiterhin mit Milliarden von Bund, Land und der EU gefördert, unter anderem auch durch EU-Zölle geschützt. Nicht viele andere Wirtschaftszweige in Deutschland können sich über solche Zuwendungen vom Staat freuen. Normalerweise müssen Unternehmen ja ohne staatliche Kohle auskommen.
Umso überzogener wirkt die Kritik aus den Kreisen der Union. Nachdem mehrere Hundert Bauern den Vizekanzler Robert Habeck an einer Fähre abgepasst haben und dort „Komm raus, du Feigling“ gerufen wurde, wusste Markus Söder nicht Besseres zu sagen als dass: „ein ganz großer Teil der Bevölkerung überhaupt keine Hoffnung hat, auf normalem Wege eine Veränderung zu erreichen“. Heißt im Klartext: ein Ministerpräsident wirbt um Verständnis für den Mob; so weit ist es gekommen. Und außerdem zeigten die anhaltenden Proteste der Bauern mit ihren (erlaubten!) Blockaden von Straßen in ganz Deutschland, dass es in der Demokratie „normale Wege“ des Protestes gibt, die nicht ohne sind.
Kanzler Olaf Scholz machte dann auf harten Hund, als er beklagte, dass gegen jede Kürzung von staatlichen Subventionen eine betroffene Anzahl von Leuten protestiere. Wenn man dem nachgebe, gebe es halt gar keine sinnvollen Kürzungen. Aber die Art und Weise war blöd.