Da war der Scholz so stolz wie Olaf

Joe Biden ist der Chefkoch des Westens, wenn es um die Kriegshilfen für die Ukraine geht. Mit einem expliziten Lob hat er Olaf Scholz zum Oberkellner erhoben.

Da war der Scholz so stolz wie Olaf
Da war der Scholz so stolz wie Olaf

Von Gipfel zu Gipfel eilte Olaf Scholz in den letzten Wochen. Er wagte sogar ein Wortspiel, um die Erwartungen vor dem G7-Gipfel vor der Alpenkulisse von Elmau etwas zu dämpfen. Auch wenn das Treffen im Gebirge stattfinde, dürfe man nicht erwarten, dass Berge versetzt werden. Das ist für die Verhältnisse des wortkargen Scholz schon fast ein Schabernack. Den persönlichen Gipfel der Gefühle dürfte Olaf Scholz dann erlebt haben, als US-Präsident Joe Biden den deutschen Kanzler über alle Gebirgszüge hinweg lobte. Da war der Scholz natürlich stolz wie Olaf.  

  
Zuerst der EU-Gipfel in Brüssel, dann der G7-Gipfel in Bayern, danach der Nato-Gipfel in Madrid. Da konnte sich Kanzler Olaf Scholz als Bergsteiger erweisen, oder sogar von oben grüßen. Und siehe da: Gleich beim ersten Gipfel der EU in Brüssel setzte er sich damit durch, der Ukraine den Status des Beitrittskandidaten zu gewähren. Dies hatte Scholz (natürlich in Abstimmung mit Macron und von der Leyen) im Vorfeld vehement gefordert. Also klarer Punkt für Scholz. Eine ganz besondere Bedeutung für den deutschen Kanzler hatte dann aber der G7-Gipfel auf Schloss Elmau. Denn schließlich war hier Deutschland der Gastgeber. Mario Draghi (Italien), Ursula von der Leyen (EU-Kommission), Joe Biden (USA), Olaf Scholz (Deutschland), Boris Johnson (Großbritannien), Justin Trudeau (Kanada), Fumio Kishida (Japan), Emmanuel Macron (Frankreich) und Charles Michel (Europäischer Rat) waren die Teilnehmer des Gipfels, also neben den sieben führenden Industrienationen war auch die EU prominent repräsentiert.

Der Prunk der Reichen und Mächtigen 

Es stellte sich dabei eine Grundsatzfrage, jenseits der politischen Themen. Wie wollen sich die Vertreter der sieben mächtigsten Industriestaaten präsentieren? Wie will Gastgeber Scholz den G7-Gipfel ausstatten? Wie soll die Inszenierung des Gipfels aussehen?

Die Antwort: Es sollte gigantisch sein. Und es sollte fern von allen Niederungen jedweder Proteste sein. Die Bergkulisse rund um das elitäre Schloss Elmau war reserviert für die Mächtigen und Reichen dieser Welt. Ein ganzes Tal wurde dafür  abgeriegelt. Wie heißt es so schön: Über allen Wipfeln ist Ruh. Da ließ es sich auch für die Damen der hohen Politiker prächtig walken. 

Doch ist das zeitgemäß? Ist es das richtige Zeichen der Staatschefs? Ist es nicht einfach bornierter Prunk, der gerade in diesen Tagen fehl am Platz ist? 

Kommt wohl darauf an, wer der Adressat ist, an den sich diese Botschaft richtet. Nehmen wir mal die deutsche Bevölkerung, die ja Gastgeber ist. Da hat gerade Wirtschaftsminister Habeck die Deutschen zum Sparen von Energie aufgefordert, konkret sogar dazu ermuntert, das warme Duschen einzuschränken. Da hat Gesundheitsminister Lauterbach soeben erklärt, dass der Bund die Corona-Tests für die Bürger nicht mehr komplett bezahlen kann, weil er dafür nicht mehr genug Geld hat. Und dann gibt Deutschland mal eben rund 170 Millionen Euro für zwei Tage G7-Gipfel aus. Wohl dem, der da keinen Widerspruch der Signale sieht. Es ist natürlich keine Frage, dass Deutschland als Gastgeber für ein angemessenes Ambiente eines solchen Gipfeltreffen sorgen muss. Aber musste Spa und Wellness sprudeln, in Zeiten globaler Krisen und einer drohenden Hungerkrise? Und wie fühlt sich da der im grünen Militär-Shirt zugeschaltete ukrainische Präsident Selenskij wohl dabei, die im Luxus versammelten Staatschefs um weitere Hilfe zu bitten? 

Selbst wenn der Adressat dieser Inszenierung Putin gewesen sein sollte, dem man Macht und Reichtum auch durch die Bilder des Treffens vorführen wollte, bleibt der Nutzen fraglich. Und auch das Argument, dass sich die Staatschefs in der Wohlfühloase von Schloss Elmau in ihrem Team-Building näher gekommen sind als sie es  bei einem Treffen in einer Konferenz-Halle geschafft hätten, hat etwas Dekadentes. Ja, die Bilder, wie sie da alle mit aufgeknöpften Hemdkragen ohne Krawatte sitzen, lachen und sich sogar umarmen, scheint große Nähe zu signalisieren. Aber es ist eben auch die Nähe von Herren  (plus eine Dame) aus dem Klub der Reichen, die sich dort treffen, wo Normalsterbliche selten hinkommen. Siehe Preisliste von Schloss Elmau.

Bidens Lob und die Konsequenzen daraus

Es war der Prolog zum G7-Gipfel. Da traf Kanzler Olaf Scholz den US-Präsidenten Joe Biden. Es war kein Treffen unter vier Augen, sondern eines vor der Weltpresse. Und dann geschah das: „Es gibt viel zu tun und ich will dir ein Kompliment machen, wie du deine Kanzlerschaft begonnen hast“, sagt Biden zu Scholz, vor laufenden Kameras und eingeschalteten Mikrofonen. Er preist Scholz als einen der „schnellsten und engsten Verbündeten.“ Scholz habe einen „großartigen Job gemacht.“ Und dafür, so Biden weiter, möchte er „Danke“ sagen: „Danke, danke!“

Dieses umfassende Lob ist für Scholz nicht nur schmeichelhaft, sondern stärkt ihm sowohl in der EU wie auch in Deutschland massiv den Rücken. Viele Wochen lang wurde er kritisiert, dass er zu wenig für die Ukraine tue, zu zögerlich sei, ein Zauderer und möglicherweise sogar ein Angsthase. Solche Stimmen kamen vom einen oder anderen EU-Partner, wie Polen, aber vor allem auch im Inland, und dort nicht mal nur von der Opposition, sondern sogar aus den eigenen Ampel-Reihen. Und dann stellt US-Präsident Joe Biden das Gegenteil fest: Scholz als „schnellster“ Verbündeter. 

Da können jetzt alle abstinken, die Scholz in die Ecke des Unzuverlässigen stellen wollen, der bei den Verbündeten Vertrauen zerstöre. Das hatte sich Friedrich Merz als Kanzler-Bashing so schön ausgedacht – und jetzt macht Biden ihm mit einem Handstreich einen Strich durch die Rechnung. Von Waffen-Toni Hofreiter mal ganz zu schweigen. Denn Biden und die USA sind ja federführend in der Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Geld. Und wenn Biden nun sagt, dass der Uhrenvergleich mit Scholz hervorragend klappt, werden viele Klagegeister verstummen, oder müssen sich eine neue Klage über Scholz ausdenken. Diesem merkte man die wegweisende Bestätigung dann auch an.

Die Ergebnisse des G7-Gipfels 

Die G7-Staaten haben schließlich in ihrer Abschlusserklärung weitere Unterstützung der Ukraine festgehalten, ein Milliardenprogramm gegen den weltweiten Hunger vereinbart sowie die Gründung eines internationalen Klimaklubs beschlossen. 

Die G7 stünden „eng und unverbrüchlich an der Seite der Ukraine“, sagte Scholz in seiner Abschusserklärung.  Das gelte sowohl für die aktuelle Kriegssituation und Waffenlieferungen als auch für den Wiederaufbau nach der russischen Invasion. Die Staatengruppe wolle deshalb einen „Marshallplan für die Ukraine“ ausarbeiten. Dazu sollten auch weitere Hilfsgelder mobilisiert werden.

 Das zweite wichtige Ergebnis des Gipfels ist laut Scholz der Kampf gegen den weltweiten Hunger, der sich vor allem durch den russischen Angriffskrieg weiter verschärft hat. Konkret sagten die Staats- und Regierungschefs zusätzlich 4,3 Milliarden Euro zu, um den am meisten von Hunger und Unterernährung betroffenen Menschen zu helfen. Damit kommen die sieben großen demokratischen Industriestaaten in diesem Jahr nach eigenen Angaben insgesamt auf mehr als 13 Milliarden Euro. Allerdings sind laut UN umgerechnet 44 Milliarden Euro nötig, um die aktuelle Nahrungsmittelkrise wirksam einzudämmen 

Die Gruppe stellte sich auch hinter die Idee eines internationalen „Klimaclubs“, die schon länger von Olaf Scholz entwickelt worden war.  Dieser soll laut Scholz bis Ende 2022 gegründet werden. Der Club soll die Minderung von Treibhausgas-Emissionen zum Ziel haben. Man will zudem einer Verlagerung von Produktionen in andere Länder mit laxeren Klima-Auflagen entgegenwirken. Die Umsetzung dieser Idee ist ein großer Sieg für Scholz, weil sie originär von ihm entwickelt wurde.

Koch und Kellner

Insgesamt hat Scholz bei der Gipfelei kräftig an internationaler Statur zugelegt. Joe Biden hat als Koch den Olaf Scholz zum Oberkellner erkoren. Das war eine klare Bestätigung seines bisherigen Kurses (der ja so oft geschmäht wurde). Aber das Ding mit der Arroganz kann Scholz einfach nicht lassen: Eine Journalistin der Deutschen Welle sprach Scholz bei der Pressekonferenz auf Sicherheitsgarantien für die Ukraine an, die Thema auf dem Gipfel waren. „Könnten Sie konkretisieren, welche Sicherheitsgarantien das sind?“, fragte sie. Der Bundeskanzler antwortete lächelnd: „Ja“, (kurze Pause) „könnt‘ ich.“ Toller Witz, nach dem Motto: Geht die Öffentlichkeit nix an (die ja alles bezahlt). Dafür kriegt der Kellner von uns kein Trinkgeld.