Als kleine Verkehrsteilnehmer hätten wir jetzt mal eine Idee. Wäre es nicht hilfreich, wenn der Bußgeldkatalog deutlich erweitert würde und zwar für Politiker, die heute nicht mehr wissen, was sie gestern gepredigt haben? Könnte nicht der Satz: „Es tut mir leid, wenn ich da missverstanden worden bin“ mit einem Bußgeld von einer Million Euro belegt werden? Wir finden nämlich, dass die verbalen Verstöße der Politiker gleich mehrere Vergehen beinhalten: Rote Ampeln überfahren, flasch parken und Raserei in der 30er-Zone.
Nehmen wir da mal den FDP-Chef Christian Lindner, der in den ARD-Tagesthemen (am 12.11.) öffentlich dem Publikum erklärte, dass er über (quasi geheime) wissenschaftliche Erkenntnisse verfüge, nach denen Lockdowns und Kontaktbeschränkungen „wirkungslos“ seien.
Da hat Ingo Zamperoni als ARD-Moderator dann doch ein bisschen ungläubig mit den in feinem Tuch gekleideten Schultern gezuckt und sogar eine Augenbraue nach oben gezogen. Auf Zamperonis ungläubige Nachfrage, ob er wirklich behaupte, dass Kontaktbeschränkungen und Ausgehverbote nicht wirksam seien, sagte also Christian Lindner: „Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit von Ausgangsbeschränkungen zum Beispiel für geimpfte Menschen, die nicht das Infektionsgeschehen eindämmen.“
Das Beispiel zeigt, wie Politiker schamlos nur an den eigenen Machterhalt (hier Machterlang in der Ampel) denken und ihre Ansichten über die Wissenschaft und das Gemeinwohl stellen. Denn der Hintergrund der Frage von Zamperoni an Lindner war ja gewesen, wieso die FDP (und auch die dadurch beeinflusste Ampel) denn nun die „epidemische Notlage“ ausgerechnet in dem Moment auslaufen lassen wolle, wo die Notlage durch Corona so groß ist wie niemals davor. Nie gab es mehr Ansteckungen, und viele Intensivstationen der Kliniken waren bereits am Anschlag. Warum also wolle Lindner, die FDP und die Ampel gerade in dieser dramatischen Lage die schärfsten Schwerter der Pandemie- Bekämpfung, nämlich Kontaktbeschränkungen und Lockdowns aus dem Instrumentenkasten streichen?
Und Lindner sagte nicht etwa ehrlich: Weil das der Leitfaden der FDP-Politik ist. Sondern er fabulierte von exklusiven „wissenschaftlichen Erkenntnissen.“ Das zog dann den massiven Protest der Wissenschaftler nach sich. Was twitterte Linder dann: „Wenn ich in den „Tagesthemen“ missverständlich war, bedauere ich das.“ Bußgeld bitte, Bußgeld! Wenn wir rückwärts bei Rot mit 200 Sachen über die Ampel gefahren sind, um dann im Halteverbot zu parken, müssen wir ja auch zahlen.
Ein weiteres Beispiel lieferte dann Katrin Göring-Eckardt (15.11.). Die Grünen-Fraktions- chefin, die bei den Koalitionsverhandlungen weit vorne am Verhandlungstisch saß, sorgte mit einer Aussage für Aufregung. „Wir werden eine Impfpflicht brauchen für Einrichtungen, bei Pflegeheimen, bei Kindertagesstätten. Wir werden das auf den Weg bringen“, sagte Göring-Eckardt. Auf verblüffte Nachfrage von Journalisten, ob das echt Konsens mit SPD und vor allem FDP sei, sagte sie: „Ja, so ist es.“ Wenig später noch mal die Nachfrage: Impfpflicht? Konsens? „Ja, hatte ich gesagt, ja“, bestätigte Göring-Eckardt erneut.
Noch am selben Nachmittag dann: „Über eine Impfpflicht in einigen Einrichtungen gibt es keine Einigung“, sagt Göring-Eckardt. „Wenn ich da missverstanden worden bin, tut es mir leid.“ Nach Präsentation des Koalitionsvertrages wissen wir ja, dass diese Impfpflicht kommt. Also hat Göring-Eckardt doppelt gelogen. Erst war sie zu früh dran (Rückzieher), dann die Verarsche mit dem „Missverständnis“. Bußgeld, bitte Bußgeld!