Herr Pfeifle, Ihre Handwerksbäckerei ist stadtbekannt für aromatische und bekömmliche Backwaren. Spielt die Teigkompetenz in Ihrer Backstube dabei eine Rolle?
Auf jeden Fall. Unsere Spezialität ist das Experimentieren mit unterschiedlichen Vorteigen und natürlichen Sauerteigen ohne Zusatz von Hefe. Ein wichtiger Faktor ist dabei die lange Teigruhe.
Was genau ist denn ein Vorteig?
Vorteige werden vor der Herstellung des eigentlichen Teiges angesetzt. Für klassische Vorteige wie zum Beispiel Poolish oder der italienische Biga-Vorteig werden Mehl, Wasser, Salz und wenig Hefe angerührt und verknetet. Die hohe Wasseraufnahme beeinflusst das Volumen und verbessert die Beschaffenheit des Teiges und damit auch die von Krume und Brotkruste. Im Unterschied zu Sauerteig wird Vorteig nicht fortlaufend geführt, sondern immer wieder neu angesetzt. Bei der Herstellung unserer Backwaren mischen wir unterschiedliche Vorteige und Sauerteige.
Wie wirkt sich die Teigführung auf den Geschmack aus?
Der Einsatz von Vorteigen und Sauerteig sorgt für eine wilde Teiglockerung. Es bilden sich natürliche Säuren, die Aromabildung und den Geschmack bestimmen. Sauerteig ist hier ein Multitalent. Denn durch die natürliche Fermentation werden die Aromastoffe im Mehl kräftig ausgebildet – das Ergebnis ist eine Vielfalt an Geruchs- und Geschmacksstoffen, wobei das Aromenspiel je nach Rezeptur sehr unterschiedlich sein kann: Ein traditioneller 3-Stufen-Roggensauerteig verfügt über einen malzig-herben Geschmack, während unser Levain naturel, ein weicher milder Weizensauerteig, sehr komplexe, teils würzige Aromen mit wenig Säure entwickelt. Besonders mild ist der Lievito Madre, ein italienischer Weizensauerteig, den wir für unseren Panettone einsetzen. Typisch ist seine lockere, fluffige Krume. Für unser Feingebäck verwenden wir auch süßen Sauerteig, der mild süßliche, fast blumige Aromen entwickelt.
Und wie bekömmlich ist Sauerteig?
Zunächst einmal ist natürliche Hefe besser verträglich als zugesetzte Hefe. Doch entscheidend für die Bekömmlichkeit ist die lange Teigführung. Eine lange Fermentation sorgt für verdauungsfördernde Eigenschaften und räumt mit dem Vor-urteil auf, dass Weizen weniger verträglich sei. Das ist inzwischen auch wissenschaftlich nachgewiesen. Bei einer langen Reifezeit des Teiges werden niedermolekulare Zucker – sogenannte FODMAPs – abgebaut, die besonders bei Reizdarm schlecht vertragen werden. Andere Studien schreiben Sauerteig außerdem eine verbesserte Aufnahme von Nährstoffen zu, die durch Enzyme freigesetzt werden.
Was macht ein Sauerteigbrot für Sie persönlich zu etwas Besonderem?
Die unbegrenzten Möglichkeiten, die mein Bäckerherz höher-schlagen lassen. Bei einem wildgezogenen Sauerteig können wir so vieles individuell beeinflussen: Anfütterungszeiten, Mischverhältnisse, Reifezeiten, Temperatur … Das sind grenzenlose Optionen für unver-gleichliche Geschmackserlebnisse. Deswegen ist jedes Sauerteigbrot aus unserer Backstube auch ein echtes Unikat.
Bäckerei Wolfgang Pfeifle GmbH & Co. KG
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