Ein Reigen in Gold

Fotomontage: Adrian Kempf

Wenn sich Macht in den Händen weniger stark verdichtet, kommt es zum Schwur. Das ist wohl kaum irgendwo augenfälliger als bei den Tech-Multi-Milliardären Elon Musk und Mark Zuckerberg im Kampf gegen Regeln in der EU. In den USA formiert sich so der Widerstand gegen die Tech-Regulierung der Europäischen Union. Deutlich wurde das, als Mark Zuckerberg sagte: „Wir werden mit Präsident Trump zusammenarbeiten, um gegen Regierungen weltweit vorzugehen, die amerikanische Firmen verfolgen und immer mehr zensieren wollen.“  Die europäischen Gesetze – wie beispielsweise der Digital Services Act – sind auch einem anderen Tech-Boss ein Dorn im Auge: Elon Musk. Er hat Unterstützer in der Politik: Der designierte Vizepräsident J. D. Vance hat bereits nahegelegt, dass sich die USA sogar aus der Verteidigungsallianz Nato zurückziehen könnten, wenn Europa US-Unternehmen wie Musks Social-Media-Plattform X nicht in Ruhe lässt. Mit anderen Worten: Die Phalanx aus künftiger US-Regierung und Tech-Konzernen gegen Europa steht.

Widerstand gegen entsprechende Gesetze in der EU gab es immer. Doch wer Zuckerberg, Musk und Vance zuhört, ahnt, dass er künftig deutlich vehementer werden dürfte. Die EU-Kommission hat auf Zuckerbergs Ankündigung mit einer scheinbar konfrontativen, aber auch typisch technokratischen Antwort reagiert. Wenn sich die Plattform nicht an den DSA halte, könne man eine Geldstrafe verhängen. Na ja, um mal so zusagen: Das könnte eine Regierung, die gerade davon spricht, Grönland zu annektieren, womöglich unbeeindruckt zurücklassen. Aber klar ist auch: Gesetze sind die einzige Möglichkeit, Unternehmen (egal ob europäischen oder US-amerikanischen) Verhaltensänderungen abzutrotzen, die nicht direkt in deren eigenem wirtschaftlichen Interesse stehen. Und so kommt es zum Konflikt mit der Konzentration von Macht.

Denn die Machtkonzentration bei Techkonzernen wie Amazon, Google, Meta, Microsoft und beim Techimperium von Elon Musk hat enorme Ausmaße erreicht. Diese Konzerne dominieren nicht nur ihre jeweiligen Märkte, sondern dehnen ihren Einfluss weit über die ökonomische Sphäre hinaus aus – hinein in Politik, Medien und gesellschaftliche Debatten. Ihre immense Marktmacht bildet die Grundlage für mediale und politische Einflussnahme, die durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz verstärkt wird. Und dies wirft grundlegende Fragen auf: Wie viel Macht darf sich in den Händen weniger konzentrieren? Und was kann eine demokratische Ordnung dagegen tun? Oder krasser: Wie kann sich die Demokratie gegen diese Macht weniger Menschen verteidigen?

Für Meta-Gründerchef Mark Zuckerberg war die Ankündigung, dass es für seine Plattformen Facebook, Whatsapp und Instagram in Zukunft keine professionelle Faktenprüfung mehr geben wird, ein Befreiungsschlag. Kann man sich die Kosten sparen, wenn es politisch eh nicht gewollt ist. Für Donald Trump war es ein weiterer Sieg auf seinem Feldzug gegen traditionelle Medien, Journalismus und einen Wahrheitsbegriff, der auf Tatsachen und wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht. Was Zuckerberg verkündet hat, ist natürlich nichts anderes als eine Unterwerfung gegenüber Donald Trump, der es mit der Wahrheit noch nie so genau genommen hat. Es geht dem Meta-Chef vor allem darum, sich ganz persönlich – und seinem Konzern – das größte Maß an Macht und Sicherheit zu verschaffen, das man unter einem Präsidenten Donald Trump bekommen kann. Schließlich drohte der ihm im Wahlkampf mit einem „Leben im Gefängnis“.

Ohne Faktenprüfung nehmen Vorurteile, Hassrede und Falschinformationen auf sozialen Netzwerken enorm zu. Das zeigte das Beispiel X, das als Twitter lange als globales Meinungsforum geschätzt wurde, bevor Elon Musk die Plattform kaufte. Wer wie nun Zuckerberg gegen das ankämpfen will, was er als „Zensur“ bezeichnet, drängt einfach die Menschen aus den Debatten, die verrohte Diskurse nicht aushalten. Für ihn ist das einfach und schlank.  Fast ein Reigen in Gold. 

Was Mark Zuckerberg, Elon Musk und Mitglieder der Trump-Regierung als Demokratisierung und Wahren der Meinungsfreiheit verkünden, ist schlicht die Automatisierung eines Zeitgeistes, der Demokratie, Respekt und Gerechtigkeit als Relikte der Vergangenheit betrachtet. Es droht eine Welt, in der wirtschaftliche und politische Macht untrennbar miteinander verschmelzen, gesteuert von einer Handvoll Unternehmen und ihren milliardenschweren Bossen. Eine solche Welt ist weder demokratisch noch frei. Es ist Zeit, sich dagegen zu wehren. Europa muss standhaft bleiben.