Wow! Echt jetzt? Hammer!

Die Scheinheiligen: Elon Musk will der AfD und Alice Weidel über seine Medienmacht Flügel verleihen. Fotomontage: Adrian Kempf

Was will Elon Musk mit seiner Einmischung in den deutschen Wahlkampf bezwecken?  Die Antwort ist ganz einfach: Er will seinen Reichtum weiter mehren. Wie immer. Wie auch schon  bei seinem Einsatz für Donald Trump (nachdem er zuvor immer die Demokraten unterstützt hatte), der sich nach der Wahl Trumps sofort finanziell ausgezahlt hat. Musk ist rein rechnerisch (also nach Aktienkursen bewertet) der reichste Mann der Welt. Und sein Ziel ist es, immer noch reicher zu werden. Nichts sonst. Alles andere ist Beiwerk, vielleicht sogar Blendwerk. Wenn Musk etwa nach dem furchtbaren, irrsinnigen Attentat auf die Menschen auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg den deutschen Kanzler Olaf Scholz als „Narr“ (wahlweise „Idiot“, je nach Übersetzung) beschimpfte und ihn zu Rücktritt aufforderte, dann wundern wir uns in Deutschland über eine solche Tonart. Doch das ist Nebensache. Musk bringt einfach die amerikanische Art von Beleidigung, Diffamierung und persönlicher Beschimpfung rüber, siehe den zurückliegenden Wahlkampf in den USA. Doch seine Ziele sind nüchterner: Ein SPD-Kanzler Scholz dient nicht der Vermehrung des Reichtums von Musk. Vielmehr steht dieser eher für einen Staat, der Arbeitnehmer und deren Rechte nicht völlig im Regen stehen lässt. Musk würde sich aber wünschen, dass er auch in seinem Werk in Deutschland möglichst wenig Regularien beachten müsse. Also soll einer wie Scholz weg.   

In diesem Sinne ist auch zu verstehen, warum Musk sich nicht nur in Deutschland für rechte Parteien einsetzt. Er hat bekanntlich Donald Trumps Wahlkampf mit Geld und digitaler Öffentlichkeitsarbeit unterstützt, mit Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni so lange und heftig geflirtet, dass er jüngst Gerüchten entgegentreten musste, indem er schrieb: „Wir daten uns nicht“. Musk bewundert außerdem mit Hingabe öffentlich Argentiniens Präsident Javier Milei (der mit der Kettensähe), und er  hat auch dem ultrarechten Brexit-Nationalist Nigel Farage finanzielle Unterstützung versprochen. Nun hat er folgerichtig in Deutschland eine Wahlempfehlung für die AfD ausgesprochen und ein Live-Interview mit der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf X inszeniert.

Was sagte Musk wo und wie über die AfD?

Am 20. Dezember 2024 hatte Musk auf seinem Kurznachrichtendienst X proklamiert: „Nur die AfD kann Deutschland retten.“ Nun ja, das rief viel Erstaunen hervor, weil es wieder eine falsche Fährte legte. Es schien ja fast so, als spreche Musk jetzt als Vertrauter des designierten US-Präsidenten Donald Trump, quasi als neuer Polit-Experte von Weltrang. Dies schürte den nicht ganz unbegründeten Verdacht, dass Musk seine Wahlempfehlung mit Wissen und sogar mit Billigung von Trump in die Welt setzte. Dies würde natürlich umgekehrt bedeuten, dass ein noch-Kanzler Olaf Scholz oder ein möglicher künftiger Kanzler Friedrich Merz bei Trump nicht besonders hoch im Kurs stehen.

Für deutlich mehr Aufregung sorgte dann ein Beitrag von Elon Musk in der „Welt am Sonntag“. Musk schreibt darin, Deutschland taumle „am Rande des wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs“. Er mischte sich so in den deutschen Bundestagswahlkampf ein. Er schrieb praktisch eine Liebesbekundung für die AfD. Als Argumente führte Musk unter anderem an, die Partei könne die deutsche Wirtschaft angeblich von Bürokratie befreien und somit wieder ankurbeln. Musks Text ist nicht sonderlich durchdacht, wirkt, als habe er oder seine Künstliche-Intelligenz-App Grok das in ein paar Minuten hingeschrieben. Doch wie viel Aufmerksamkeit Elon Musk erzeugen kann, bewies es doch.  Fast alle Medien (inklusive dieses Textes) ließen sich auf Betrachtung, Analyse und Debatte ein. Das Dilemma ist, dass der Nachrichtenwert solcher radikalen Meinungsäußerungen des reichsten Unternehmers und eines der mächtigsten Männer der Welt zu groß ist, um sie glatt zu ignorieren. Dennoch sollte das Wesentliche nicht übersehen werden: Musk selbst gibt in seinem Beitrag als Begründung an, dass er bedeutende Investitionen in die deutsche Wirtschaft getätigt habe – also betreffe es ihn und sein Vermögen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht optimal seien. 

Wieso er glaubt, dass eine in Teilen rechtsextreme Partei wie die AfD ihm bessere Rahmenbedingungen bescheren würden, bleibt allerdings sein Geheimnis. Absurd ist der Musk-Kommentar insofern, als dass die AfD ihm viel weniger nützen dürfte, als Musk es darstellt und wahrscheinlich selbst glaubt: Die Partei spricht sich eher gegen Partnerschaften mit den USA aus, will dafür mehr Nähe zu Russland und China. Und sie ist offen für Verbrennungsmotoren und gegen Elektromobilität – mit der seine Autofirma Tesla ihr Geld verdient. Aber vielleicht hofft er ja darauf, dass die Partei durch seine Wahlkampfhilfe an diesen Stellen ihre Meinung ändert und ihm entgegenkommt.

Die Reaktionen deutscher Politiker

Nach seiner Wahlhilfe für die AfD hat Elon Musk dann auch den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier scharf angegriffen. Musk hatte auf seiner Plattform X geschrieben: „Steinmeier ist ein antidemokratischer Tyrann.“ Er solle sich schämen. Hierbei offenbarte Musk allerdings auch eine gewisse Hast, Unwissenheit sowie eine hitzköpfige Impulsstörung. Denn seine Beschimpfung war ja eine Reaktion auf eine Rede Steinmeiers, in der dieser sagte, er erwarte, dass der deutsche Wahlkampf mit fairen und „transparenten Mitteln“ geführt werde. Einflussnahme von außen sei „eine Gefahr für die Demokratie (…) – wie es derzeit besonders intensiv auf der Plattform X betrieben wird“. Er wende sich deshalb „entschieden gegen alle äußeren Einflussversuche – die Wahlentscheidung treffen allein die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland“.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, man sollte „einige Diskussionen auf der Plattform X nicht mit dem verwechseln, was die allermeisten Menschen in unserem Land wirklich beschäftigt“. Sie sei sich sicher, „dass die Äußerungen von Herrn Musk bei den allermeisten, die sich damit überhaupt beschäftigen, Kopfschütteln und Ablehnung hervorrufen“. Klar sei aber auch: „Wenn der Bundespräsident unseres demokratischen Staates als antidemokratischer Tyrann bezeichnet wird, dann ist das nicht nur grober Unsinn, sondern auch eine Diffamierung, die man sehr klar zurückweisen muss.“

Sicher ist jedenfalls, dass Musk aus reiner Wut über Steinmeiers X-Kritik wohl übersieht, dass der deutsche Bundespräsident kaum die Macht hätte, ein „Tyrann“ zu sein. Friedrich Merz brachte es kurz und knapp auf den Punkt: Die Äußerungen von Musk seien „anmaßend und übergriffig“. Merz wollte damit signalisieren, dass er sich nicht rumschubsen lassen will.

Live-Schalte auf X zwischen Musk und Weidel

Und Musk trickst, wenn er in seinem AfD-Wahlaufruf behauptet, Tesla und Space-X seien in einem marktradikalen Umfeld ohne Staatshilfe entstanden, wie es die AfD plane. Tesla profitiert stark von der Subventionierung von E-Autos, Space-X wäre ohne die Behörden, die seine Raketen kaufen, deutlich kleiner.

Aber nun ja, eine große Klappe voller falschen Behauptungen kostet ja (erstmal) nichts. In diesem Punkt sind sich Musk und Trump ja wohl einig. Also hievte Musk seine Einmischung in den deutschen Wahlkampf  auf ein neues Niveau, als er mit AfD-Frontfrau Alice Weidel eine Live-X-Space  abhielt – also ein Live-Audio-Gespräch auf Musks Plattform X. Da gab es viel Blabla, mit „Wow“ angereichert. Etwa wenn Weidel den hanebüchenen Unsinn behauptete, dass Hitler ein Kommunist gewesen sei. Aber klar, das ist ja das Prinzip, das Musk vertritt: Jeder kann alles behaupten, wenn es kurz und bündig ist. Wow! Echt? Hammer! Den Vorwurf, die AfD sei rechtsradikal, bügelte Musk schon im Vorfeld mit dem Satz ab: „Die Darstellung der AfD als rechtsextrem ist eindeutig falsch, wenn man bedenkt, dass Alice Weidel, die Vorsitzende der Partei, eine gleichgeschlechtliche Partnerin aus Sri Lanka hat! Klingt das für Sie nach Hitler? Ich bitte Sie.“ Dabei wird auch Musk wissen, dass es da einen Björn Höcke gibt, den Geist der AfD.