Wenn dieser Schwindel mal nicht nach hinten losgeht. Auf den neuen Wahlplakaten der SPD, zunächst in den sozialen Netzwerken verbreitet, bevor sie nun so langsam auch als Straßenplakate überall zu sehen sein werden, ist im Hintergrund die Deutschland-Flagge zu sehen. Und wie diese da so lustig in Schwarz-Rot-Gold vor sich hin flattert, ist das Rot plötzlich dominant. Es sieht so aus, als sei das Gold und das Schwarz der Flagge nur noch ganz am Rande, während das Rot in der Mitte alles überstrahlt. Aber dies ist halt, wie jeder weiß, ein Fake gegenüber der Flagge. Und es ist genau jener Fake, den Olaf Scholz und seine SPD gerne ausdauernd verbreiten wollen: „Am Ende haben wir es denen, die schlecht über uns reden, immer wieder gezeigt“, ruft SPD-Chef Lars Klingbeil bei der „Wahlsiegkonferenz“ ins überfüllte Atrium seiner Parteizentrale. „Heute beginnt die Aufholjagd.“ Das ist okay, nur halt quasi das Gegenteil der Stimmung im Land. Und dieses Land dann mit Plakaten zu fluten, die es nahezu komplett in Rot tauchen, entspricht dem unerschütterlichen Starrsinn des unbeliebten Olaf Scholz.
„Wenn wir kämpfen, werden wir siegen!“, sagt Olaf Scholz auf der „Wahlsiegkonferenz“ seiner SPD, auf der auch die Wahlkampagne vorgestellt wurde. Dies lässt sich ja nur als einen Appell an die Basis und vor allem an die Wahlhelfer der SPD verstehen. Denn es beinhaltet die Möglichkeit, dass manche in der Partei eben nicht kämpfen wollen. Sonst macht das „Wenn“ in seinem Satz keinen Sinn. Um dies noch einmal klar zu machen, sagt Scholz: Jene, die der SPD Niederlagen vorhersagten, hätten sich früher geirrt und irrten sich auch dieses Mal. „Ihr wisst, wie Wahlkampf geht, ich weiß, wie Wahlkampf geht, da werden sich einige noch ganz schön wundern.“
Nach Darstellung von Olaf Scholz ist er selbst eigentlich die einzige Option für alle „vernünftigen Menschen“, die eine Partei der Mitte wählen wollen. Seiner Meinung nach sind die anderen Parteien ohnehin untauglich – jedenfalls für die Wählerschaft der Mitte. Die Populisten schürten nur Angst, die FDP sei marktradikal, die Grünen verkörperten staatliche Bevormundung, und die CDU sei unter Führung von Merz weit nach rechts gerückt. Nur die SPD komme für die Mitte in Frage – „als Stimme der Fleißigen und Anständigen, als Stimme der Vernunft und des gesunden Menschenverstands“.
Nun ja, in einer solchen Rhetorik lauern natürlich auch kleine und große Fallstricke. Denn im Umkehrschluss legt Scholz damit nahe, dass andere Wählerstimmen, etwa für Merz oder Habeck, nur von faulen und unanständigen Leuten kommen könnten, die bar jeder Vernunft votieren und wohl den Verstand verloren haben müssen. Ob er damit wohl viele Menschen begeistern kann? Denn das ist ja gerade sein Dilemma in den Umfragen, dass die Leute ihn für besserwisserisch und sogar für arrogant halten. Sein unbeirrter Glaube an sich selbst bringt solche Absurditäten hervor. Scholz tut so, als sei alles klar. Dabei ist er selbst es, der den Leuten wenig Klarheit vermitteln kann.
Im Zuge dieser Strategie, ganz bei sich selbst zu sein, in der (womöglich irrigen) Meinung, dass es dann alle anderen auch sein würden, stellt sich Olaf Scholz als Garant der Besonnenheit da. In solch ernsten Zeiten brauche das Land verantwortungsbewusste Politikerinnen und Politiker, denen es um die Sache gehe – „keine Spieler und keine Zocker.“ Dies führt ihn gleich zu Christian Lindner, den FDP-Chef und Ex-Koalitionspartner, den er als Finanzminister zurecht „vor die Tür gesetzt“ habe. Die Lindner-Liberalen hätten nämlich die Bundesregierung systematisch sabotiert. „So etwas darf in Deutschland nie wieder passieren“, sagt Scholz.
Der Hauptgegner im Wahlkampf ist für Scholz natürlich Friedrich Merz. Er hält Merz vor, dessen Rentenpläne seien unanständig und schäbig gegenüber jenen, die am härtesten arbeiteten. Er hält ihm vor, sich einem Kompromiss zur illegalen Migration entzogen zu haben. Vor allem aber setzt er sich von Merz beim Krieg in der Ukraine ab. Merz gehöre zu den „Heißspornen“, er habe der Atommacht Russland ein Ultimatum gesetzt und ihr gedroht, der Ukraine deutsche Marschflugkörper zu liefern. „Ich kann da nur sagen: Vorsicht! Mit der Sicherheit Deutschlands spielt man nicht Russisch Roulette.“ Hoppla, ein Kalauer!
In der Wahlkampagne der SPD dominiert das „Kämpfen“. Auf etwas seltsame Weise: Da sieht man etwa Scholz mit dem Spruch „Wir kämpfen für dich und Deutschland“ Und dann kleiner darunter: „Kämpfst du an unserer Seite?“ Klingt schwer nach „Kriegstüchtigkeit“.