Es ist ein typischer Streich, der da spricht. Das knapp vier Minuten dauernde Video ging denn auch bundesweit viral (u.a. in der ARD-Mediathek zu sehen): Darin hat Freiburgs Trainer Christian Streich den Profifußball sowie seine Fans dazu aufgerufen, sich bei den bundesweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus zu beteiligen. „Wer jetzt nicht aufsteht, der hat nichts verstanden. Es ist fünf Minuten vor zwölf“, sagte Streich auf die Frage, wie er die Rolle des Fußballs und seiner Fans beim Protest gegen Rechtsextremismus sehe. Das Video stammt von einer Pressekonferenz, wo es ja eigentlich um das Heimspiel gegen Hoffenheim gehen sollte (wurde später 3:2 gewonnen, Jubel siehe Fotos oben). Aber weil Streich selbst bereits am Mittwoch bei einer Demo gegen rechts teilgenommen hatte, wurde er natürlich zum Thema befragt. Fußballfans seien Bürger, aber auch Fußballtrainer oder Wirtschaftsbosse seien „Bürger und Bürgerinnen“ (schnell noch die Frauen rein geholt), so Streich. Die Quintessenz der Streich-Rede: „Aufstehen, unmissverständlich, ganz klare Kante. Nichts anderes.“
Der SC-Trainer skizzierte auch genau, wie er sich dabei die Taktik vorstellt. „Jeder in diesem Land ist dazu aufgerufen, aufzustehen und im Familienkreis, in der Arbeit oder sonst wo, sich ganz klar zu positionieren.“ Es sind wie im Fußball also eher die vielen Zweikämpfe im Alltag, die entscheidend sind. Wer jetzt sitzen bleibe, habe nichts verstanden. Es solle „keiner rumjammern hinterher, wenn er von einer autoritären, rechtsnationalistischen Gruppierung regiert wird“, bei der die freiheitlichen Grundrechte „über den Bach rübergehen“. Jeder in Deutschland müsse Verantwortung übernehmen. „Seit 58 Jahren lebe ich in einer Demokratie als freier Mensch. Das ist ein unglaubliches Glück.“ Es gebe nur wenige Menschen in diesem Alter auf der Welt, die so frei leben könnten. Daher sei es unglaublich, welches Vokabular derzeit auch aus der „sogenannten Mitte“ verwendet werde. Hintergrund ist ein vom Medienhaus Correctiv publik gemachtes Treffen von Rechtsradikalen mit Politikern von AfD und einzelnen CDU-Mitgliedern in einer Potsdamer Villa. Dort wurde über „Remigration“, also eine Deportation von Millionen Menschen gesprochen, auch solche, die einen deutschen Pass haben.
Auch andere prominente Köpfe aus der Bundesliga äußerten sich, darunter Bayern-Trainer Thomas Tuchel. Bei diesem Thema müsse man „natürlich ganz klar sagen, dass da nicht genug aufstehen können. Da stehen wir 1000 Prozent dagegen auf. Da kann es keine Stimme zu viel geben“, sagte Tuchel vor dem Bundesligaspiel am Sonntag gegen Werder Bremen (das die Bayern dann überraschend mit 0:1 verloren haben). In München gingen dann laut Veranstaltern über 250.000 Menschen auf die Straße, um gegen rechts zu demonstrieren. Werder-Trainer Ole Werner erklärte ebenfalls: „Das Zeichen sollte man jetzt am Wochenende setzen – das ist in diesen Zeiten wichtiger denn je.“ In Bremen gingen 50.000 Menschen zu der Demo.
Auch Bayern Münchens Ehrenpräsident Uli Hoeneß hatte zuvor bei der Gedenkfeier für Franz Beckenbauer klar Position bezogen. Der Kaiser habe durch die WM 2006 in Deutschland „einen Prozess angestoßen“. Dieser sei auch in Zukunft wünschenswert, „die AfD möchte ich aber nicht dabei haben“, sagte Hoeneß.
Zurück nach Freiburg. Nach der ersten Demo am Mittwoch mit 10.000 Teilnehmern gab es am Samstag eine weitere Demo, als die „Omas gegen rechts“ zu einer Menschenkette „Gegen den Hass“ aufriefen. Sie rechneten mit 50 Omas, die da kämen, aber es wurden dann geschätzte 5.000 – waren nicht nur Omas dabei. Am Sonntag (21.1.) versammelten sich mehr als 25.000 Menschen zum Protest.
Übrigens ist Christian Streich ein kleiner Namensverwechsler passiert: Er sprach von Maria Furtwängler, als er Margot Friedländer meinte, die 102jährige Frau, deren Mahnungen er sehr ernst transportierte. Wäre aber auch spannend gewesen, wenn es eine Verbindung der Kommissarin Lindholm zu Streich gäbe.