Sanfte Schmerz-Therapie auf Knopfdruck

Rückenmarkstimulation.

Professor Dr. Sven Gläsker ist leitender Facharzt für Neurochirurgie der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Seine Behandlungsschwerpunkte sind die minimale Wirbelsäulenchirurgie, Nervenengpass-Syndrome und Rückenmarkstimulation. Foto: Thomas Hansmann

Zeigen physikalische sowie medikamentöse Therapien oder Operationen bei chronischen Rückenschmerzen keine Wirkung, so kann die SCS-Rückenmarkstimulation helfen.

Rückenschmerzen sind in den weitaus meisten Fällen glücklicherweise von kurzer Dauer. Häufig helfen Wärme und Physiotherapie, so dass spätestens nach ein paar Wochen wieder alles mehr oder weniger wunschgemäß läuft. Werden die Beschwerden allerdings chronisch, so leidet darunter nicht nur unsere Mobilität. Auch Arbeit, Alltag und Lebensqualität werden oft erheblich beeinträchtigt. „Nebenwirkungen“ wie Schlafstörungen bis hin zu depressiven Verstimmungen erschweren die Situation zusätzlich.

Bringen konventionelle Methoden, Medikamente und selbst multimodale Behandlungskonzepte und Wirbelsäulenoperationen nicht den gewünschten Erfolg, so hat sich die SCS-Rückenmarkstimulation (engl. spinal cord stimulation) als „Rettungsanker“ in der Behandlung chronischer neuropathischer Schmerzen etabliert. „Dank elektrischer Impulse werden Schmerzsignale abgeschwächt bis hin zu einem leichten, in der Regel als angenehm empfundenen Kribbeln“, beschreibt Professor Dr. Sven Gläsker, leitender Facharzt für Neurochirurgie der Gelenk-Klinik Gundelfingen, die Wirkungsweise der Methode. „Menschen mit hohem Leidensdruck, denen sonstige Verfahren nicht helfen konnten, können dadurch eine deutliche Beschwerdelinderung erlangen und damit weitaus mehr Mobilität und Lebensqualität.“

Herzstück bzw. Motor des über Jahrzehnte entwickelten Systems ist ein unter der Haut implantierter batteriebetriebener Stimulator. Per Fernbedienung vom Patienten gesteuert, leitet dieser Streichholzschachtel große Generator über Elektroden schwache Strom-Impulse an das Rückenmark weiter – und blockiert so das Schmerzempfinden. „Vereinfacht gesagt, reduziert er Schmerzen, indem er die entsprechenden Signale überlagert bzw. verändert, bevor diese zum Gehirn gelangen“, erklärt der Neurochirurg.

Studien belegen Wirksamkeit
Verschiedene Signalstärken und Stimulationsprogramme erlauben eine komfortable Anwendung, abgestimmt auf die individuelle Schmerzintensität. Der Behandlungserfolg ist damit sozusagen programmiert: Schon bei der Implantation stellt sich in der Regel eine wesentliche Besserung der Beschwerden ein. „Realistisch ist eine nachhaltige Schmerzlinderung um bis zu 70 oder sogar 80 Prozent – doch das Ergebnis variiert von Patient zu Patient“, räumt der Facharzt ein.
Mehrere Studien belegen die höhere Wirksamkeit der SCS-Methode in Relation zu anderen Behandlungsoptionen, wie wiederholten Wirbelsäulenoperationen oder der langfristigen Einnahme von Medikamenten wie Morphium. „Im Vergleich dazu sind die Behandlungsresultate messbar besser, insbesondere was die Schmerzreduktion betrifft“, betont der Experte. Dauerhaft implantiert wird der Stimulator jedoch erst, wenn die vorausgehende einwöchige Testphase beim Patienten positiv verlief. Die in einem ersten Eingriff implantierte (und mit einem externen Stimulator verbundene) Elektrode wird dann entfernt und stattdessen als permanente Lösung der Generator eingesetzt“, erklärt Professor Gläsker.

Weniger Nebenwirkungen und keine Nervenschäden
Für den Patienten bedeutet die dauerhafte Schmerzlinderung natürlich auch weniger Medikamente – und damit geringere mögliche Nebenwirkungen. „Viele Betroffene ertragen ihr Leiden nur mit Hilfe stärkster Schmerzmittel“, weiß Professor Gläsker aus jahrelanger Praxis. Ferner schont diese Behandlungsmethode auch die Nervenstrukturen: „Es werden bei dieser Methode keinerlei Nerven durchtrennt oder in Mitleidenschaft gezogen“, versichert der Facharzt. Doch wie bei allen Operationen sind Risiken wie Blutungen, Infektionen oder Wundheilungsstörungen möglich.


Nachgefragt
Das sollten Sie wissen… Drei Fragen an den Experten: 

Wie wird der Stimulator implantiert?
Professor Gläsker: Der Eingriff erfolgt in zwei Stufen. Zunächst wird in örtlicher Betäubung eine Testelektrode über eine Punktionsnadel über das Rückenmark gebracht. Diese wird an ein Stimulationsgerät außerhalb des Körpers angeschlossen, welches an einem Gürtel getragen wird. Damit testet der Patient die Wirkung eine Woche lang zuhause in seinem gewohnten Alltag. Wenn die Behandlung gut anschlägt, wird die Implantation des Generators geplant, die dann in Vollnarkose oder örtlicher Betäubung erfolgen kann. Dafür sind jeweils stationäre Aufenthalte von wenigen Tagen notwendig. Die reine Operationszeit beträgt für beide Eingriffe je etwa 30 Minuten. Es folgen Kontrolltermine, bei denen die Stimulation individuell optimal eingestellt wird.

Für wen empfehlen Sie diese Methode bzw. wer kommt nicht in Frage?
Besonders effektiv ist das Verfahren bei allen Formen von neuropathischen Schmerzsyndromen wie etwa bei Schädigungen von Nervenwurzeln nach Rücken-Operationen. Auch bei dem Failed-Back-Surgery-Syndrom hat sich dieses Verfahren besonders bewährt. Damit sind Schmerzsyndrome gemeint, die nicht auf die Operation an der Wirbelsäule angesprochen haben.

Übernehmen die Kassen die Kosten?
Die Kosten für die Behandlung werden von den Krankenkassen übernommen.


MVZ Gelenk-Klinik
Alte Bundesstrasse 58
79194 Gundelfingen bei Freiburg

Tel.: +49 761 791170
E-Mail: info@gelenk-klinik.de
www.gelenk-klinik.de