Die Art und Weise, wie in Deutschland über die Lieferung von Leopard 2-Panzern an die Ukraine diskutiert wird, strotzt nur so vor bornierter Blödheit. Wenn etwa in der Talkshow „Anne Will“ die Eingangsfrage lautet: „Kampfpanzer für die Ukraine – warum zögert die Bundesregierung?“, dann unterstellt es bereits ein „Zögern“, das der Sache überhaupt nicht gerecht wird. Das ist dann natürlich eine Steilvorlage für alle Besserwisser (vor allem aus der Union), die lang und breit ihre Ansichten etwa über Absichten und Gefühlslage von Putin ausbreiten und natürlich die „richtigen“ Antworten darauf auch schon wissen. Scholz und Baerbock werden dabei von den bornierten Blöden unter ständigen Rechtfertigungsdruck gesetzt. Dabei machen sie die Sache völlig richtig. Und sie kommunizieren in dieser Frage auch absolut klar und verständlich: Führung ja, Alleingänge nein!
Genau darin liegt die Lösung. Es ist nämlich in dieser Sache kein Widerspruch, Führung zwar ausüben zu wollen, aber eben genau indem man Alleingänge vermeidet. Man arbeitet daran, eine europäische Allianz zu schmieden, um dann gemeinsam die Lieferung von Leopard 2 zu stemmen. Wenn das gelingt, ist das Führung!
Man sollte sich vielleicht zuerst die Fakten vor Augen halten, bevor eine rein symbolische Debatte vom Zaun gebrochen wird. Wie ist es denn eigentlich mit dem Kampfpanzer Leopard 2? Ist der ein rein deutsches Ding? Hat den nur Deutschland im Einsatz und kann ihn daher auch nur Deutschland liefern?
Mitnichten! Der deutsche Leopard 2 wird als bester Kampfpanzer der Welt gerühmt. Neben der Bundeswehr nutzen zwölf weitere europäische Armeen Panzer dieses Typs. Zusammen kommen sie auf mehr als 2.000 Fahrzeuge. Um eine ukrainische Brigade kampfbereit auszustatten, müssten sich zunächst nur etwa 90 Panzer finden. Da der Leopard 2 aber noch in Produktion ist und so breite Verwendung findet, kann ein koordinierter Ersatz bestehender Bestände über die Industrie und gemeinschaftliche Instandsetzung von Reservegeräten mehr Einheiten freimachen als bei jedem anderen möglichen Kampfpanzer. Diese Flexibilität ist Alleinstellungsmerkmal des Leopard 2 und der Grund seiner Erfolgsgeschichte als „europäischer“ Kampfpanzer. Je mehr der dreizehn Nutzerstaaten sich dabei zusammentun, desto geringer wären natürlich die Einschnitte für die Bereitschaft der eigenen Streitkräfte.
Genau darum geht es also. Denn natürlich ist die Forderung der Ukraine nach dem Leopard völlig verständlich. Aber wenn Deutschland da eine Führungsrolle einnehmen kann, dann nicht durch isoliertes Handeln, sondern indem es die Koordination einer möglichen Lieferung im Zusammenwirken mit anderen europäischen Ländern in die Hand nimmt. Sollte dies gelingen, wäre es übrigens auch ein Zeichen, das die USA und die Nato gerne sehen würden.
Dieser Sachlage gegenüber ist der Stand der Diskussion zum Thema geradezu absurd. Wenn innerhalb der Ampel-Koalition etwa eine eiserne Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), als die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses sagt: „Es gibt keine stichhaltigen Argumente mehr, um die Ukraine nicht zu unterstützen und ihnen schwere Waffen vorzuenthalten“ – geht das schon gleich an der Realität vorbei. Denn die deutsche Unterstützung der Ukraine ist groß und es waren auch gerade die „schweren Waffen“ aus Deutschland, wie die moderne „Panzerhaubitze 2000“, die erheblich zu den militärischen Erfolgen der Ukraine beigetragen haben. Und das Wort „vorzuenthalten“ klingt wie böse Absicht. Hier ist der Ton völlig falsch gesetzt. Die Linie des deutschen Verteidigungsministeriums – die Bundeswehr habe alles geliefert, was möglich ist – „teilen wir als Freie Demokraten ausdrücklich nicht“ sagte Strack-Zimmermann weiter. Nun ja, da hat der FDP-Chef Christian Lindner mal eben anmerken müssen, dass er eher diese Hetze der eisernen Strack-Zimmermann nicht teile.
Es geht um politischen Stil. Den lässt die Union als Opposition ebenso vermissen (Linke und AfD sowieso) wie so mache Talkshow. Denn der Krieg in der Ukraine ist kein beliebiges Feld für dreiste Sprüche aus politischem Eigennutz.