Wenn Armin Laschet ständig wiederholt, dass Leistung sich lohnen müsse, klingt das erstmal gut. Sehr viel leisten Pflegekräfte, zum Beispiel. Folglich müssten sie ja nach dem Wahlprogramm der Union künftig besser gestellt werden. Nun haben aber Ökonomen vom „Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung“ (ZEW) ganz genau nachgerechnet, welche Einkommensgruppen und welche Haushalte in Deutschland von den Plänen der Union profitieren würden. Und siehe da: Das größte Finanzplus würden die Gutverdiener erhalten. Diese würden vier Mal so stark entlastet werden wie 80 Prozent der steuerpflichtigen Bevölkerung. Haushalte mit 150.000 bis 250.000 Euro würden um rund 5.000 Euro im Jahr besser gestellt. Eine Pflegekraft mit 20.000 Euro brutto im Jahr würde hingegen um 70 Euro besser gestellt – im Jahr!
Es ist kurios, wenn die „Volkspartei“ CDU/CSU völlig ungeniert die große Mehrheit des Volkes mit Kleinigkeiten abspeist und nur die kleine Gruppe der Gutverdiener, Firmeninhaber und Immobilienbesitzer reichlich beschenkt. Denn die Tendenz in Deutschland geht ja seit Jahren dahin, dass sich die Schere zwischen Reichen und Armen immer weiter auftut. Die „Mitte“ der Gesellschaft schrumpft und das Armutsrisiko bei Geringverdienern steigt.
Genau dies haben Grüne, SPD und Linke im Visier, die vor allem mittlere und kleine Einkommen besserstellen wollen. Grüne und SPD sind da finanziell nahezu auf einer Linie: Haushalte können hier bis in die Mittelschicht hinein mit einem deutlichen Plus in der Kasse rechnen. Auch das Armutsrisiko sinkt, wenn die Pläne von Grünen und SPD umgesetzt würden. Beispiel: Ein Paar mit zwei Kinder, das brutto 40.000 Euro im Jahr verdient, kann mit 3.000 bis 4.000 Euro rechnen, die mehr im Geldbeutel blieben. Die Linke will da noch viel mehr: Der Einzelhaushalt mit 20.000 Euro Bruttoverdienst im Jahr würde ein Plus 1210 Euro im Jahr erwarten dürfen (anstatt der 70 Euro bei der Union). Völlig utopisch ist allerdings der Plan der Linken, den Spitzensteuersatz auf 75 Prozent zu schrauben.
Die konkreten Berechnungen der ZEW führen vor Augen, dass es bei der Bundestagswahl im September um eine Richtungswahl geht. Wohin steuert die Gesellschaft in Deutschland? Wenn der Mittelstand schwindet, schürt das nicht gerade den Zusammenhalt. Und wenn 80 Prozent der Bevölkerung gegenüber der ohnehin vermögenden Minderheit schlechter gestellt wird, können sich Wut und Empörung anstauen. Dabei sind aber die wichtigen und dringenden Aufgaben wie Digitalisierung und Klimaschutz nur mit breiter Unterstützung in der Gesellschaft überhaupt zu bewältigen.
Die Union schiebt als Argument vor, dass man die Wirtschaft im internationalen Wettbewerb stärken wolle. Das ist scheinheilig. Denn eine weitere Umverteilung von unten nach oben ist keine dauerhafte Perspektive. Und pauschal die Gutverdiener und Vermögenden besser zu stellen, heißt ja noch lange nicht, dass dies der Wirtschaft zugute kommt. Auch hier sind Konzepte der Grünen und der SPD überzeugender, die staatliche Investitionen in den Umbau der Wirtschaft vorsehen, um eine klimaneutrale Wirtschaft maximal zu fördern.
Armin Laschet erinnert in seinem freundlichen Auftreten an den Polit-Opa, der seine kleinen Enkel ins Bett bringt, die ihm dann den Spruch aufsagen: „Ich bin klein, mein Herz ist rein …“ Wenn man jedoch die Zahlen des ZEW zugrunde legt, wie sich seine geplante Politik auf die Haushalte in Deutschland auswirkt, geht davon eine Menge sozialer Kälte aus. Als hätte der Mann politisch ein Herz aus Stein.